Eine internationale Sprache aus Papier: Neuer Origami-Treffpunkt in Stadtbergen
Es gibt sie schon in München und Ingolstadt, aber bis jetzt noch nicht in Augsburg: die Origami-Stammtische, die als offene Treffen von Mitgliedern der Papierfaltervereins Origami Deutschland e. V. veranstaltet werden.
Annika und Maria Dehner haben sich schon mehrmals auf den Weg nach München gemacht, um neue Modelle aus Papier kennenzulernen und ihr Wissen in die Runde einzubringen. „Meine Spezialität sind Mini-Origamimodelle aus Papierquadraten, die ich zu Szenen in selbst gefaltete Schachteln klebe,“ erzählt sie 15-jährige Annika und zeigt eine Schachtel mit dreieckigem Grundriss, in der sich mehrere Pyramiden, eine Mini-Sphinx und ein paar winzige Katzen befinden, letztere ca. 0,5 cm groß.
Maria Dehner ist Realschullehrerin und hat daher einen pädagogischen Blick auf das Thema Papier: „Mit wenig Material, das zudem leicht zu beschaffen ist, kann man Schönes herstellen. Nebenbei kann man nachmachen und sehen, was man im Geometrieunterricht gelernt hat. Beim Falten erfährt man auch Teamgeist und Hilfsbereitschaft. Bei regionalen und internationalen Treffen fühlt man sich sofort gut aufgenommen. Die Falterszene ist sehr offen und kommunikativ.“
Papierkunst, die traditionell in Japan gepflegt wird, gibt es in vielen Ländern. In Deutschland entdeckte der Pädagoge Friedrich Fröbel den Nutzen von Faltarbeiten für die Entwicklung von Feinmotorik, räumlichen Denkens und ästhetischen Empfindens in der Kindergarten- und Schulpädagogik. Aus Russland gibt es Geschichten mit Papierfiguren, die faltend erzählt werden, während sich das Papierstück nach und nach immer neu verwandelt: vom Fisch in den Vogel und dann in ein Haus.
International sind nicht nur die zahlreichen Origamimodelle, die im Internet als Faltanleitung zu finden sind, sondern auch die Treffen. Wenn es dann bisweilen sprachlich etwas hakt bei der Verständigung, wenn die Vokabeln nicht mehr reichen, dann schmelzen die Schwierigkeiten dahin beim Erklären der Faltschritte. Dann sieht man einfach zu und macht nach, und notfalls hilft einem auch immer die Nachbarin oder der Nachbar weiter.
Die papierbegeisterten Stadtbergerinnen fanden beim Kulturamt Stadtbergen offene Türen vor für ihr Anliegen, im Raum Augsburg einen Falter-Stammtisch zu gründen, auf dem sich Interessierte zum Basteln treffen können. Christoph Schmid war Koordinator der umfangreichen Hilfsaktion nach der Reaktorkatastrophe in der Provinz Fukushima, aus der seine Mutter stammt. Stadtbergen pflegt schon seit 1947 den Kontakt zu dieser Region. „1000 Kraniche für Japan“ wurden in Stadtbergen gefaltet und verkauft, um Spenden zu sammeln. Die Geschichte von den 1000 Kranichen geht auf eine alte Legende zurück.
Am Donnerstag, dem 16. Mai 2013, fand das erste Mal in Stadtbergen der offene Origami-Treffpunkt statt; der nächste folgt am 6. Juni. Papier soll nach Möglichkeit selbst mitgebracht werden, denn so ist es möglich, ohne Materialgeld zu arbeiten. Erwachsene werden um eine kleine Spende gebeten, für Kinder ist die Teilnahme frei. Da es ein offenes Treffen ist, muss man auch nicht pünktlich um 17:00 da sein, sondern kann auch während des Zeitfensters einfach unkompliziert dazukommen. Als Raum stellt die Stadt Stadtbergen den „Mehrgenerationenraum“ Beim Schlaugraben 2 zur Verfügung.
Passend zum Frühlingsmonat Mai lautet das Thema „Blütenträume aus Papier“. Aber es kann auch nach Lust und Laune etwas anderes gefaltet werden. Auch Fragen zu einzelnen Modellen können mitgebracht werden, gemeinsam findet sich meistens eine Lösung. Oft steht man nach dem Falten von 30 Modulen aus der Bastelpackung eines Discounters vor dem Problem: „Wie baue ich jetzt die Stücke zum Bascetta-Stern zusammen?“ Willkommen sind auch eigene Ideen und Modelle. Zwar ist geplant, immer wieder mal Referenten einzuladen und Modelle zum gemeinsamen Falten vorzubereiten und zu zeigen, aber es soll eben ein Treffen sein mit Spielraum zur Mitgestaltung und kein Kurs im eigentlichen Sinne.
So sind auch alle eingeladen, die gerne falten, egal ob Profis oder Anfänger, Jung oder Alt. Der Titel eines weltbekannten Origami-Buches lautet „Origami Omnibus“ – „Origami für alle“ – das ist auch das Programm des neuen Papierfalt-Treffens in Stadtbergen.