Das Christkind aus Wachs (Prof. Dr. Hans Frei)

Prof. Dr. Hans Frei, ehemaliger Bezirksheimatpfleger und Museumsdirektor, Autor zahlreicher Bücher Foto: Gunnar Olms

„Welch Geheimnis ist ein Kind! Gott ist auch ein Kind gewesen. Weil wir Gottes Kinder sind, kam ein Kind, uns zu erlösen.“
So hat es der Dichter Clemens ­Brentano (1778-1842) einmal ausgedrückt. Neben der Dichtung haben alle Formen der Kunst und vor allem das fromme Brauchtum dieses Geschehen anschaulich gestaltet. Neben den vielfältigen Zeugnissen der Krippe bildet die Darstellung des Christkindes ohne Begleitpersonen ein besonders ansprechendes Mittel zur Verkündigung der weihnachtlichen Botschaft. Als hilfloses Wickelkind, als lieblich-lächelndes Wiegenkind, als Knabe im lockigen Haar spricht es alle unsere Sinne an.
Verschiedene Zeiten haben mit verschiedenen Mitteln und Möglichkeiten die gleiche Botschaft zum Ausdruck gebracht: „Gott ist in der Gestalt eines Menschenkindes erschienen.“ Besonders beliebt waren seit dem 18. Jahrhundert die Fatschenkinder aus Wachs, die oft in verglasten Holzkästchen mit Spitzen, Rüschen und Schleifen eingebettet sind. Manchmal sind sie von Perlen und Glassteinen umrahmt. Die Herstellung von Fatschenkindern hatte ihren Ursprung in den Frauenklöstern, mit großer Kunstfertigkeit und viel Geduld haben die Schwestern diese Christkinder gefertigt.
Die Tradition ist in den letzten Jahrzehnten mancherorts wiederaufgegriffen worden. In Schwaben hat Martha Sailer mit frommem Sinn, bewundernswertem Können und viel Einfühlungsvermögen neue Objekte geschaffen. Die Anwendung schlichter Hilfsmittel wie Nadel oder Schere und der außerordentliche Zeitaufwand entsprechen den Idealen der Frömmigkeit und beweisen die religiöse Komponente dieser sog. Klosterarbeiten. Das Christkind im Glasschrein ist viel mehr als der von den Kindern erwartete Gabenbringer. Es ist ein Zeichen für das schwerbegreifliche Ereignis von der Menschwerdung Gottes, das im Mittelpunkt der weihnachtlichen Verkündigung steht.