Wilde Ehe: Immer mehr Paare entscheiden sich dazu, dauerhaft unverheiratet zusammen-zuleben. Wir haben uns über die Vor- und Nachteile und über die Rechtslage bei Rechtsanwalt Peter Brosche, einem Experten für Familienrecht und Fachanwalt für Familienrech

Wilde Ehe: Immer mehr Paare entscheiden sich dazu, dauerhaft unverheiratet zusammen-zuleben. Wir haben uns über die Vor- und Nachteile und über die Rechtslage bei Rechtsanwalt Peter Brosche, einem Experten für Familienrecht und Fachanwalt für Familienrecht erkundigt.

Augsburger Südanzeiger: Viele Menschen entscheiden sich heutzutage für eine „wilde Ehe“. Kann dies als einfachere Alternative zur Ehe gesehen werden?
RA Brosche: Das als „Ehe ohne Trauschein“ bezeichnete Zusammenleben hat den Vorteil, dass man sich wieder voneinander trennen kann, ohne dass ein gerichtliches Scheidungsverfahren erforderlich wird. Allerdings bestehen für Ehegatten zahlreiche Rechtsvorschriften zur Regelung gegenseitiger Ansprüche aus der Ehezeit. Unverheiratete Paare bewegen sich dagegen in einer rechtlichen Grauzone, sodass die nichteheliche Lebensgemeinschaft gerade hinsichtlich gegenseitiger Ansprüche mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden ist.
Augsburger Südanzeiger: Wann lebt man überhaupt in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft?
RA Brosche: Im Anschluss an eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird von den Obergerichten die nichteheliche Lebensgemeinschaft (die Rechtsprechung bevorzugt den Begriff „eheähnliche Lebensgemeinschaft“) als eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau bezeichnet, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, das über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht.
Augsburger Südanzeiger: Welche Vorschriften sind auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft anwendbar?
Rechtanwalt Brosche: Eine direkte oder entsprechende Anwendung von eherechtlichen Vorschriften ist grundsätzlich ausgeschlossen. Auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft sind daher im Wesentlichen alle Zivilrechtsnormen anzuwenden, die für alle anderen, nichtverheirateten Menschen auch gelten.
Eine Ausnahme macht das Gesetz in den Vorschriften der §§ 1615 a BGB bis 1615 o BGB, wovon besondere Praxisrelevanz dem § 1615 l BGB zukommt. Dort ist der Unterhaltsanspruch der nichtverheirateten Partner nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes geregelt.
Augsburger Südanzeiger: Welche Gefahren bringt eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit sich?
RA Brosche: Im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist es denkbar, dass beispielsweise eine Frau ihren Partner jahrzehntelang versorgt, Kinder großzieht und sich um den Haushalt kümmert und bei einer Trennung ausschließlich Unterhalt für die gemeinsamen Kinder erhält, nicht jedoch für sich selbst. Auch eine Teilhabe an dem Vermögen des verdienenden Partners ist nicht vorgesehen, ebenso wenig eine Beteiligung an dessen Altersversorgung. Insofern kann im Falle einer Trennung nach langer Partnerschaft durchaus die Gefahr entstehen, dass der wenig oder nicht verdienende Partner finanziell völlig ungesichert ist.
Problematisch ist in der Praxis, dass während des Zusammenlebens der nichtverheirateten Partner grundsätzlich Einigkeit in allen Lebensbereichen besteht und die Probleme eben erst dann auftreten, wenn sich die Partner trennen. Gesetzliche Ansprüche, wie sie unter Ehegatten bestehen, sind im Gesetz dann grundsätzlich nicht vorgesehen.
Augsburger Südanzeiger: Wie können sich nicht-eheliche Partner dann absichern?
RA Brosche: Es besteht die Möglichkeit, dass die nichtverheirateten Partner einen so genannten Partnerschaftsvertrag schließen. Der wichtigste Regelungspunkt ist sicherlich die vermögensrechtliche Absicherung. So kann beispielsweise vereinbart werden, wie die vermögensrechtliche Abwicklung bei einer Trennung oder bei dem Tod eines oder beider Partner aussehen soll.
Oft sind auch Regelungen zu den Beiträgen der jeweiligen Partner zu den Lebenskosten, zu den Eigentumsverhältnissen oder zur Tilgung von Schulden Gegenstand einer Vereinbarung. Insbesondere der Erwerb wertvoller Vermögenswerte, beispielsweise einer Immobilie ist oft Anlass für den Abschluss eines Partnerschaftsvertrages.
Augsburger Südanzeiger: Was kann man als Inhalt eines Partnerschaftsvertrages empfehlen?
RA Brosche: Das lässt sich so allgemein leider nicht beantworten. Es kommt immer auf die konkreten Bedürfnisse der Partner an. Es kann also auch nicht empfohlen werden, auf einen Mustervertrag zurückzugreifen. Sinnvoll ist es stattdessen, die Beweggründe und die Ziele der nichtehelichen Lebensgemeinschaft festzustellen. Beispielsweise wie gestaltet sich die Wohnsituation, welche beruflichen Vorstellungen bestehen, gibt es einen Kinderwunsch oder sind bereits gemeinsame Kinder vorhanden etc. Im Anschluss ist die Vereinbarung konkret den Bedürfnissen anzupassen. Hier ist sicherlich eine anwaltliche Beratung hinsichtlich eines individuellen Partnerschaftsvertrages sinnvoll.
Augsburger Südanzeiger: Muss man für einen Partnerschaftsvertrag eine bestimmte Form einhalten?
RA Brosche: Grundsätzlich sind Vereinbarungen im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemein-schaft formfrei. Es ist jedoch zu empfehlen, aus Beweiszwecken zumindest die Schriftform zu wählen. Wenn allerdings Rechtsbereiche geregelt werden, für die der Gesetzgeber eine notarielle Beurkundung vorgesehen hat, muss auch die Partnerschaftsvereinbarung in dieser Form abgeschlossen werden. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Eigentum an einem Grundstück übertragen oder begründet wird oder ein vollstreckbarer Titel geschaffen werden soll.
Augsburger Südanzeiger: Letzte Frage: Wie hoch sind die Kosten für einen Partnerschaftsvertrag?
RA Brosche: Das richtet sich nach dem Geschäftswert, der davon abhängt, welcher Wert den zu regelnden Rechtsbereichen zugemessen wird. Auch hier kann leider eine allgemein verbindliche Antwort nicht gegeben werden. Die Kostenhöhe ist davon abhängig, wie viele Bereiche geregelt werden müssen, ob ein Vertrag entworfen werden soll oder ob lediglich eine Beratung stattfindet. Ich rate den Lesern hierzu an, gegebenenfalls vorab mit dem Anwalt über die Kosten zu sprechen. Ein Gespräch über die Kosten sollte für den Ratsuchenden kostenlos sein.
Augsburger Südanzeiger: Herr Rechtsanwalt Brosche, wir danken Ihnen für das Gespräch.