Nach ihm ist die Dr.-Troeltsch-Straße benannt:

Dr.-Troeltsch-Straße Haunstetten
Das Geburtshaus (rechts im Bild) in der heutigen Tattenbachstraße Bild unten: dessen Abriss Archivbilder Kulturkreis Haunstetten

Prof. Dr. Ernst Troeltsch wurde 1865 in Haunstetten geboren

Erinnerung an einen der großen protestantischen intellektuellen des Kaiserreichs und der frühen Weimarer Republik

Prof. Ernst Troeltsch wurde am 17. Februar 1865 (gestorben 1923 in Berlin) als ältester Sohn einer Arztfamilie in Haunstetten in der heutigen Tattenbachstraße geboren. Er war einer der einflussreichsten Intellektuellen des späten Kaiserreichs und der frühen Weimarer Republik. Als herausragender Vertreter des liberalen Protestantismus galt sein Hauptanliegen den gesellschaftlichen Auswirkungen und Aufgaben der christlichen Religion.

Sein Vater (1832 – 1917) stammt aus einer begüterten Augsburger Kaufmannsfamilie. Noch heute kann man das „Troeltsch-Haus“ in der Annastraße sehen, das 1859 von seinem Bruder seines Vaters Karl erworben worden war. Vater Ernst hatte in Erlangen, Zürich und Würzburg Medizin studiert. Nach drei Jahren als Arzt im neu erbauten Hauptkrankenhaus in Augsburg war er bis 1862 praktischer Arzt in Füssen und dann in Haunstetten, wo er im Haus des Bierbrauers und Bürgermeisters Peter Moos wohnte. 1865 verlegte er seine Praxis nach Augsburg. Als hoch angesehener Mediziner, Delegierter der schwäbischen Ärztekammer, Armenarzt wurde er 1893 zum bayer. Hofrat ernannt. Mutter Eugenie (1841-1914) stammte aus Nürnberg.

Die gebildete, fromme und sozial engagierte Familie prägte Ernst Troeltsch Zeit seines Lebens. Sein Geburtshaus in Haunstetten war ab 1911 als Gastwirtschaft „Zur Linde“ bekannt.  Im Jahr 1791 war es von Xaver Bauhof, dem Angehörigen eines Haunstetter Geschlechts, errichtet worden; 2004 wurde es trotz Protesten des Denkmalschutzes und des Kulturkreises Haunstetten abgerissen. Die Tafel, die ab 1983 an die Geburtsstätte des weltberühmten Theologen erinnerte, ist seitdem verschollen.

Ernst wuchs im Apothekergässchen und später in der Philippine-Welser-Straße mit drei jüngeren Schwestern und seinem Bruder Rudolf auf. Dieser wurde Jurist und war 1922 als Oberstaatsanwalt mit dem heute noch berühmten Hinterkaifeck-Mord befasst. Bis zum Abitur besuchte Ernst das Gymnasium bei St. Anna, studierte dann am kgl. Lyzeum bei St. Stephan in Augsburg und ab 1884 evangelische Theologie an den Universitäten Erlangen, Berlin und Göttingen.

Mit 27 Jahren wurde Troeltsch ordentlicher Professor in Bonn. 1894 wechselte er an die Universität Heidelberg. Von 1909 bis 1914 war er auch
Abgeordneter der Badischen Ständeversammlung. Ab 1915 hatte Troeltsch eine Professur für Religions-‚ Sozial- und Geschichts-Philosophie und
christliche Religionsgeschichte an der Universität Berlin inne. Als Publizist erwarb sich Troeltsch seit 1918 den Rang eines führenden linksbürgerlichen Zeitdiagnostikers, der die Gefährdungen der jungen Demokratie differenziert und illusionslos analysierte. Er, der sich selbst als Theologen und politischen Menschen bezeichnete, war einer der wenigen deutschen Intellektuellen, der die Demokratie und Republik von Weimar aktiv unterstützte.

1919 bis 1921 war Troeltsch für die liberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) Mitglied der Verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung und zugleich Staatssekretär im Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Seiner Heimat Augsburg blieb Ernst Troeltsch stets verbunden. So hielt er 1905 im Goldenen Saal eine Festrede zum 100.Todestag Friedrich Schillers. Auch seine Eltern und Geschwister besuchte er oft.

Kurz vor einer Vortragsreise nach England starb Troeltsch 1923. Begraben wurde er auf dem Invalidenfriedhof in Berlin; sein Grab fiel 1961 dem
Mauerbau zum Opfer. 1965, zum 100jährigen Geburtstag des großen Theologen, beschloss der Stadtrat Haunstettens die bisherige Rennwiesenstraße nach dem berühmten Sohn zu benennen. Am 17. Februar, dem Geburtstag von Ernst Troeltsch, wurde 1981 in Haunstetten die internationale Ernst-Troeltsch-Gesellschaft gegründet. 1985 benannte die Universität Augsburg einen Hörsaal nach ihm. Auch im Evangelischen Forum Annahof in Augsburg trägt ein Vortragssaal seinen Namen.

Jutta Goßner Kulturkreis
Haunstetten e.V.