„Ja Buaba, dös ka ma fei it so lossa!“: Kindheitsgeschichten aus der Nachkriegszeit in Stadtbergen (1945-1955)

„Ja Buaba, dös ka ma fei it so lossa!“: Kindheitsgeschichten aus der Nachkriegszeit in Stadtbergen (1945-1955)➆ Unsere Sportarenen


Wir Kinder waren immer auf der Suche nach Wiesen und Plätzen um uns als Fußballer austoben zu können. Von uns absolut bevorzugt wurde der Sportplatzdes TSV Stadtbergen an der Osterfeldstraße. Er war keine 100 m von unserem Haus am Oberen Stadtweg entfernt. Heute ist der Platz mit der Volksschule bebaut. Wenn der Platz vom Verein besetzt war, dann mussten wir auf die umliegenden Wiesen ausweichen. Das ging natürlich erst nach der Heumahd.Man traf sich also am “Sportse“ (Sportplatz) oder hinter dem “Schlogse“. (Schlaugraben) Die Wiese beim Schlaugraben erreichte man in der Verlängerung der Beethovenstraße über eine kleine Betonbrücke. Sie gehörte dem Bauern Sattelmayer. Dieser hatte im 1.Weltkrieg ein Bein verloren und trug eine Prothese. Wenn er auf dem Ochsenkarren hockend über die Brücke polterte, hatten wir alle genügend Zeit, uns zu verdrücken. Ein Sprung zur anderen Grabenseite – und weg waren wir. So in Sicherheit gebracht riefen wir ihm zu: „Sattelmayer legt drei Eier mit Verstand in den Sand, kommt der Geier, frisst die Eier, oh wie schreit der Sattelmayer!“ Herr Sattelmayer war von unserem Gedicht nicht begeistert und versuchte, uns durch den Graben nachzukommen. In der Regel blieb er in der Böschung hängen und war somit chancenlos. Trotzdem musste man bei ihm aufpassen. In seinem Zorn warf er einem schon mal die Heugabel nach. Nur einmal erwischte er meiner Erinnerung nach einen Spielkameraden, lud ihn auf die Gabel und warf ihn im hohen Bogen in einen Brennnesselhaufen, der gleich neben der Brücke wucherte. Das Wehklagen war weit vernehmbar. Warum flüchtete der arme Kerl nicht mit uns durch den Graben sondern wollte sich unbedingt am Sattelmayer vorbei über die Brücke in Sicherheit bringen? Aufgrund seiner Erfahrungen wurde er nie mehr auf der Sattelmayerwiese beim Bolzen gesichtet. Für unsere Mutter war der Sportplatz an der Osterfeldstraße recht günstig. Sie hängte einfach ein Geschirrtuch auf den Balkon als Zeichen dafür, dass wir heimkommen sollten. Man brauchte nicht zu rufen und konnte seine Stimme schonen..Wir versuchten immer wieder, das Tuch zu ignorieren und schoben in der Folge unser zu spätes Heimkommen auf den wahnsinnig spannenden Kampf, der keinen Blick auf unserem Balkon zuließ. Die Folge: Unsere Mutter glaubte das einfach nicht, und es gab zwei Tage Ballsperre. Unser Kameraden konnten diese Strenge nicht fassen und riefen an den nächsten Tagen von der Straße zu uns herauf: „He, Muck, Dietmar, kommt’s ihr bald und bringt’s den Ball mit.!“ Aber wenn wir auch noch so sehr murrten und Besserung gelobten, keiner durfte runter, das Fußballspiel fiel aus. Hinter dem “Schlogse“ konnte man uns nicht mit Tüchern rufen, dafür war der Ball immer wieder in Gefahr, im Graben vom Wasser davongetragen zu werden. Der Schlaugraben führte als Überlauf der Ziegelstadelweiher öfters Wasser. Dann musste derjenige, der den Ball in den Graben geschossen hatte, ihn auch herausfischen. Dabei konnte man ganz schön baden gehen. Ich weiß nicht, warum der Schlogse “Schlaugraben“ heißt. Besonders schlau war der nicht angelegt, wie es sich bei verschiedenen Hochwassern, die Stadtbergen heimsuchten, zeigte. Vielleicht hat die Namensgebung auch mit dem legendären Stadtberger Humor zu tun, der besonders dann hohe Wellen schlug, wenn es feucht zuging. (Weitere Geschichten von Winfried Hierdeis in den nächsten Ausgaben des Stadtberger Bote)