Geschichten aus der Geschichte: Gut Bannacker war das Mekka der internationalen Polowelt: Schwere Nobelkarossen der Marken Buick und Lancia gehörten zum Straßenbild Bergheims und wackelige „Aeroplanes“ schwebten auf dem Pferdepolofeld ein (Von Dr. Heinz Münzenrieder)

Vom schwäbischen Rokokobaumeister Joseph Dossenberger ersonnen: Die St. Leonhard-Kapelle in Bannacker. Foto: Heinz Münzenrieder

Bergheim/Bannacker Zu Bergheims Identität gehören seine „Stadtteil-Teile“ Wellenburg mit dem Fuggerschloss und die frühere Wallfahrt Radegundis. Dazu kommt Gut Bannacker, das wir vom Südende Bergheims ausgehend erreichen. Das historische Ensemble hat seine Wurzeln schon im 13. Jahrhundert, als es zum Augsburger Heilig-Geist-Spital gehörte. Es besticht heute durch seine St. Leonhards- Kapelle. Diese ist immerhin ein Werk des berühmten schwäbischen Rokokobaumeisters Joseph Dossenberger. Leider ist es nur teilweise von der Straße aus zu studieren. Und dann ist Bannacker eingegangen in die Geschichte des noblen Polospiels: Dessen internationale Welt lachte es sich anfangs der 1930er Jahre immer jeweils für einige sommerliche Wochen an.
Sozusagen für ein Weltcup-Turnier und ausgeschrieben von der in London residierenden World Polo Association. Alles lief unter der Regie von Georg Constantin Fürst Fugger, dem Captain der deutschen Equipe und nachbarlichen Schlossherrn sowie den Besitzern von Gut Bannacker, der aus Berlin stammenden pferdesportbegeisterten Bankiersfamilie Richard und Gertrud Weininger. Prinz Omar Halim aus Kairo und Mitglied des ägyptischen Königshauses, hohe britische Militärs sowie der Präsident des Poloclubs im französischen Biarritz zählten zu den ständigen Gästen. Deutsche, englische, französische, griechische und ungarische sowie chilenische und argentinische Mannschaften kämpften um den Sieg.
Mit feinen Limousinen – etwa Nobelkarossen der Marken Buick und Lancia – ließen sich die hohen Herrschaften ins Hotel „Drei Mohren“ chauffieren, wo sie logierten und wo mit viel Champagner der Polosport gefeiert wurde. Einige der gutbetuchten Gäste schwebten sogar mit wackeligen „Aeroplanes“ auf dem Poloplatz ein, was die gestrenge Luftaufsichtsbehörde hoffentlich genehmigt hatte. Bald nahm das feine Geschehen aber ein jähes Ende: Am 1. August 1934 verstirbt unerwartet Georg Constantin Fürst Fugger. Und die Familie Weininger veräußert Bannacker und emigriert nach England. Grund hierfür ist die drohende KZ-Inhaftierung von Gertrud Weininger, die von den NS-Machthabern als „Halbjüdin“ diskriminiert wurde.

Ausflugstipp: Ausgangspunkt des Sträßchens nach Bannacker ist der Gasthof „Jägerhaus“ am südlichen Orts-ende von Bergheim. In Bannacker rechtsabweisend zum Diebelbach. Danach westlich des Diebelbaches Waldrandweg nach Süden zum Sträßchen Richtung Bobingen. Im Wertachtal (bei einem landwirtschaftlichen Anwesen) auf Wirtschaftsweg zurück nach Bergheim. Der Wirtschaftsweg führt am Endpunkt der von Gut Bannacker ins Wertachtal führenden Allee vorbei. Die Allee war der Zugang zum früheren Polofeld. Von diesem ist nichts mehr zu erkennen.
Für die Rundstrecke (8,5 km) werden so zwei Stunden benötigt. Gaststätten in Bergheim bzw. Wellenburg und Radegundis laden zum Verweilen ein. Bergheim ist von Göggingen aus (Tram-Haltestelle Rathaus Göggingen) mit dem städtischen Linienbus zu erreichen.

Auf dem Lufttbild aus den 1930er Jahren zu erkennen: Das Bannacker Polofeld mit Spielern und abgestellten Kleinflugzeugen. Foto: Sammlung Kuhn