Freuden und Leiden der Natur

Eindrücke von Forstrat a. D. Hermann Stadler

Baumfällungen in stadtnahen Wäldern

Ein Thema, das ich als Forstmann im Ruhestand ansprechen möchte, sind die Baumfällungen in unseren stadtnahen Wäldern. Es liegt mir fern, solch hässliche Bilder im „Südanzeiger“ zu veröffentlichen. Der Meinung einer Leserin der Augsburger Allgemeinen Zeitung (AZ) in ihrem Leserbrief ist meiner Meinung nach nichts mehr hinzuzufügen: Ich bin traurig, sprachlos und mehr als wütend, angesichts der unsensiblen Brutalität, mit der der Natur im Stadtwald, besonders am Lochbach und entlang der Wertach zwischen Göggingen und Inningen, begegnet wurde.

Altbäume, auch gesunde, wurden gefällt, Sträucher und Lebensraum für Insekten und Vögel wurden entfernt; die Blumenstauden von Akelei, Rainfarn und Goldrute wurden herausgerissen und geschreddert, und so weiter. Wo bleibt hier das Gespür und das Gefühl für die Natur und deren Bedeutung, aber auch für uns Menschen?!

Der Klimawandel macht nicht nur den Wäldern hier massiv zu schaffen. Der Anteil der Bäume, die noch wirklich gesund sind, hat ein historisches Tief erreicht und liegt allein in Bayern bei nur noch knapp zwölf Prozent. Dass die Lage ernst ist, geht aus dem Waldbericht 2023 des Bayerischen Forstministeriums hervor. Die Fichte, die häufigste Baumart in Bayern, erreicht den schlechtesten Wert seit Beginn der Untersuchungen. Hitze, Dürreperioden und Sturmschäden infolge des Klimawandels haben massive Auswirkungen auf die Wälder. Die trockene und heiße Witterung begünstigte zudem die Entwicklung der Borkenkäfer, so dass es zu einer Massenvermehrung kam. Da auch andere Baumarten unter dem Klimawandel leiden, ist es für die Zukunft extrem wichtig, Wälder so zu gestalten, dass unterschiedliche Bäume nebeneinander wachsen. So ist es jetzt möglich, dass auf den Flächen, auf denen nun geschädigte Bäume verschwinden, ein neuer, klimafreundlicher Wald entstehen kann, denn ein diverser Wald ist ein resistenter Wald. Im Klartext heißt das, dass künftig unterschiedliche Arten gemischt werden müssen.

In all meinen Waldführungen habe ich zu diesem Thema schon immer betont, dass bereits ab 1880 der damalige Leiter der Stadtforstverwaltung, Oberforstrat Franz Ganghofer, mit dem Anbau fremdländischer Holzarten begann. Als erste Fremdländer wurden Weymouthskiefern, Roteichen, Douglasien und japanische Lärchen angebaut. Allein der Diedorfer Exotenwald ist ein Waldkomplex von besonderer dendrologischer Bedeutung. Auf etwa 5 Hektar sind über 50 fremdländische Gehölze zu bestaunen, darunter Große Küstentanne, Douglasie, Westliche Hemlocktanne und Mammutbaum mit Höhen zwischen 40 und 60 Metern und Vorratsfestmetern von 15 bis 35 Kubikmetern. Um all diese Gedanken besser zu verstehen, wurde vor einigen Jahren auf einer Länge von über 2,5 Kilometern im Forstrevier Diedorf ein „Waldinformationspfad“ eingerichtet, wo an 12 Stationen, das heißt, Bildtafeln Wissenswertes zu erfahren ist. Auf alle Fälle ist eine Wanderung wert, besonders in den kommenden Sommermonaten.

Zum Abschluss noch ein persönlicher Wunsch an die vielen Waldbesucher: Beachten Sie den Wald als „unsere gute Stube“, vermeiden Sie bitte Sachbeschädigungen, Lärm und Müll. Vielen Dank. Den Wald brauchen wir dringender denn je, auch für die nachfolgenden Generationen. Wir haben nur eine Erde. Dazu zitiere ich noch einen Auszug aus Artikel 131 der Bayerischen Verfassung: „Der Mensch hat zu beachten alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein zu zeigen für Natur, Umwelt, Artenschutz und Artenvielfalt.“