Die Auseinandersetzung der Menschen mit den Kräften der Natur hat im jahreszeitlich bedingten Feuer- und Lichterbrauchtum ihren Niederschlag gefunden.
Die nützliche und reinigende Kraft ist der Grundgedanke für das Funkenfeuer, das am 1. Sonntag nach Aschermittwoch – heuer am 5. März – in vielen Orten des Allgäus und Mittelschwabens entzündet wird. In der Umgebung von Augsburg waren die Funkenfeuer weit verbreitet, in Langenneufnach und Reinhartshofen hat sich die Tradition erhalten. Auch in vielen Dörfern der Landkreise Günzburg und Neu-Ulm, besonders im südlichen Schwaben und am Bodensee, kann man das Funkenfeuer erleben.
Die Vorbereitungen beginnen einige Wochen vorher mit dem Holz sammeln, früher waren dafür die Schulbuben zustandig, die von Haus zu Haus zogen und um Holzscheite gebettelt haben. Heute verwendet man zum Aufschichten des Holzhaufens gerne ausgetrocknete Christbäume, Altholz aus dem Wald und frische Zweige, damit es gehörig qualmt. An den vier Ecken des sorgsam aufgeschichteten Holzstoßes stehen oft Fichtenstämme mit grünen Wipfeln und in der Mitte ragt ein frisch gefällter Baum heraus, an ihm hängt als „Funkenhex“ eine mit Stroh oder Stoffresten ausgestopfte Gestalt. Dieses groteske Gebilde gilt als Verkörperung des Bedrohlichen und Dunklen, des Bösen und Lebensfeindlichen, das mit dem Feuer vertrieben werden soll. Man kann dahinter die Kälte und die ungemütliche Jahreszeit, den Winter, vermuten, dem mit dem Feuer der Garaus gemacht werden soll.
Bei Einbruch der Dunkelheit wird der Holzstoß entzündet. Kinisternd und zischend lodern die Flammen in die Höhe und erreichen schließlich die Kleiderpuppe die in keiner Weise mit Hexenverbrennungen auf dem Scheiterhaufen im Zusammenhang steht. Nach alten Volksbrauch sind Häuser und Menschen, die vom Feuerschein getroffen werden vor Krankheit und Unglück geschützt.
Zum Funkenbrauchtum gehört auch das Scheibenschlagen. Von einem dünnen Stamm werden Holzscheite abgeschnitten, in der Mitte durchbohrt und an langen Stecken ins Feuer gehalten, bis sie glühen. Dann werden sie in der Luft geschwungen und in die Dunkelheit hinausgeschleudert. Man begleitet sie mit lustigen Wünschen oder ironischen Sprüchen wie
„Scheu aus, Scheib ei,
flieg über d’ Rai
Die Schein soll meiner Muatter in d’ Küchlapfann’ nei“.
Der Hinweis auf das namhafte Schmalzgebäck erinnert an den beliebten Brauch, sich mit nahrhaften Speisen und warmen Getränken am Funkenfeuer zu vergnügen. Schon im 18. Jahrhundert ist im Kloster Oberschönenfeld überliefert, dass an diesem Tag für die Schwestern und die Dienstboten Küchle gebacken und verteilt wurden. Hinter dem Schauspiel des Funkenfeuers steht also neben der sehnsüchtigen Erwartung des Frühjahrs die Freude der Menschen am lodernden Feuer und an leiblichen Genüssen, die heutzutage von einer fröhlichen Musik der örtlichen Kapellen noch begleitet werden.
von Prof. Dr. Johannes Frei
Bild: Friedrich Stettmayer