Aus Volkskunde und Brauchtum: Die Schule, wie sie einmal war (Prof. Dr. Hans Frei)

Mit großem Interesse haben viele Leser in der letzten Ausgabe den Rückblick auf das Schulleben der letzten 100 Jahre aufgenommen. Es gab in der Tat schwierige Zeiten für Lehrer und Kinder. Drei Schulräume für 270 Kinder im Jahr 1945, das war für alle eine Zumutung. Neben den räumlichen und organisatorischen Problemen waren die Lerninhalte und die Lehrmethoden völlig anders ausgerichtet. Da kann es ganz spannend sein, einen Blick auf die Schule von damals, auf den Ablauf des Unterrichts und Erziehungsmittel zu richten.

Ein rasanter Wandel im schulischen Alltag hat sich in den letzten Jahrzehnten weit vor der Digitalisierung bei den Arbeitsmethoden und Lehrmitteln vollzogen. Wer heute über 75 Jahre alt ist, hat das Schreiben noch mit dem Griffel auf der holzgerahmten Schiefertafel gelernt und für das Schönschreiben auf dem Papier die Stahlfeder mit der Tinte benutzt. Die Schulbücher haben sich entsprechend den Inhalten der Lehrpläne ständig verändert. Aus den nüchternen Lesefibeln sind inzwischen kinderfreundliche Lesebücher mit Farbbildern geworden. Deren Inhalte haben häufig gewechselt, heute wollen die Texte den Kindern auch die Geschichte und Kultur der Vergangenheit vermitteln.
Sichtbare Veränderungen haben sich in der Gestaltung des Klassenzimmers ergeben. An die Stelle der starren Bankreihen mit klappbaren Vierersitzen traten bewegliche Möbel wie Stühle und Tische, die auch einzeln aufgestellt werden können. Doch aus dem Katheder, dem Sitzplatz des Lehrers, ist ein Arbeitsplatz mit digitaler Ausstattung geworden. Manchmal gibt es Nachholbedarf.
Unvergessen sind natürlich die Schulstrafen. Früher gab es einen ganzen Katalog, vom Arrest über Ohrfeigen, Schläge mit dem Hosenspanner oder dem Tatzenstecken, das Knien auf Holzscheiten oder das Sitzen in der Eselsbank. Obwohl die Prügelstrafe schon um 1950 abgeschafft war, wurde sie noch lange Zeit, zum Beispiel in meiner Gymnasialzeit, praktiziert. Nach einem Landtagsbeschluss von 1970 durften in der Schule keine körperlichen Strafen mehr als Erziehungsmittel eingesetzt werden.
Lebhafte Erinnerungen hängen mit dem Schulweg zusammen. Als es noch keinen Schulbus gab, brauchten viele Schüler zu Fuß oft eine Stunde oder mehr. Am besten war es, wenn man über ein eigenes Fahrrad verfügte. Wer kein gutes Schuhwerk hatte, kam bei Regen oder Schnee oft ziemlich durchnässt in die Schule. Auf dem Heimweg gab es dann verschiedene Möglichkeiten, sich zu vergnügen. Fußball spielend rannten wir die verkehrsarmen Straßen entlang, gerne watete man im Winter in den Schneewehen oder im Herbst durch das raschelnde Laub. Bei den Buben gehörten die Raufereien zur Tagesordnung, die Älteren drangsalierten die Jüngeren und Schwächeren, so dass man oft ziemlich ermattet nach Hause kam.
Ein Besuch in einem Schulmuseum z.B. in Ichenhausen (Lkr. Günzburg) oder in Erkheim-Daxberg (Lkr. Unterallgäu) oder in Bobingen (Lkr. Augsburg) kann unser Wissen ergänzen und die Zufriedenheit mit den heutigen Gegebenheiten verbessern.