Vom Glasscherbenviertel nach Maria Vesperbild: Geisterfahrer Silvano Tuiach erzeugt anhaltende Lachsalven im Bürgersaal

Vom Glasscherbenviertel nach Maria Vesperbild: Geisterfahrer Silvano Tuiach erzeugt anhaltende Lachsalven im Bürgersaal


Bereits eine halbe Stunde vor Beginn war der Stadtberger Bürgersaal fast bis auf den letzten Platz besetzt. Mit Geschichten aus dem wahren Leben eines „Datschiburgers“ kitzelte der von Stadt und Land gefeierte Lokalmatador des lechschwäbischen Mundart-Kabaretts Silvano Tuiach das Zwerchfell seiner zahlreich erschienenen Fans. Und deren Zuneigung scheint ihm sicher: „Schon drei Wochen im Voraus waren die Karten für diesen Abend ausverkauft“, so Horst Brunner, der als Kulturreferent der Stadt Stadtbergen für die Veranstaltungen im Bürgersaal zuständig ist.Seine Beliebtheit verdankt der als Geisterfahrer bekannte Kabarettist wohl der Tatsache, dass er als Einheimischer den hiesigen Slang bis zur Perfektion beherrscht. Das Leben in und um Augsburg kennt Tuiach bis ins kleinste Detail. Immer wenn seine Pointen messerscharf ins Schwarze treffen, hört man im Publikum Lachen, Jauchzen und Zwischenrufe, die beweisen, dass die Zuschauer sich selbst, ihr Umfeld und ihre eigene Vergangenheit wiedererkennen.Einen wesentlichen Teil des neuen Programms namens „oben ohne“ prägten autobiografische Geschichten des Sohnes italienischer Einwanderer. So blödelte Tuiach unter anderem über seine zahlreichen, oft schmerzhaften Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht, die Lebensumstände und Wohnsituation seiner Familie und seine ersten Lebensjahre im so genannten „Glasscherbenviertel“ in Oberhausen – wo man schon damals darauf achten musste, „dass einem nicht die Schnürsenkel geklaut wurden“. Seine Familie sei nur deshalb nach Steppach gezogen, weil sein italienischer und erzkatholischer Vater Steppach für St. Eppach gehalten habe. Als er in der dortigen „Zwergenschule“ den Bildungsweg im „V-8“ eingeschlagen habe, seien Nachspeisen nur sonntags auf den Tisch gekommen – allen voran das als „Kalter Hund“ bezeichnete „Schwäbische Tiramisu“. Nach seinen vergeblichen Versuchen, der Telekom-Hotline in Rostock, Rosenheim und Bombay klarzumachen, dass sein „hardnet“-Anschluss innerhalb von 14 Tagen immer noch nicht geschalten sei, erwähnte Tuiach seine Pilgerreise von Neusäß nach Maria Vesperbild, auf der er für seine zahlreich begangenen Todsünden büßen wollte. Das sei schwierig gewesen, da jede Wirtschaft „Ruhetag“ gehabt habe – und in der deutschen Gastronomiewüste die Bestellung einer Tasse Kaffee mit Bemerkungen wie „sonntags nur Kännchen“ abgetan werde.Auf deftige und zynische Weise brachte Tuiach die Erlebnisse aus seinem 50-jährigen Dasein als Schwabe auf die Bühne. Dabei fehlte es ihm in keinster Weise an der Fähigkeit, über sich selbst zu lachen. Sein kritischer Blick in die Zukunft versprach Postdienstleistungen im Dönerladen und Menschen, die „am Warmbadetag wie die Inder im Ganges das Stadtberger Hallenbad bevölkern“.Da Lachen bekanntlich gesund sein soll und zudem Erinnerungen an längst vergangene Tagen wieder wachgerufen werden, lohnt es sich durchaus, Karten für eine seiner nächsten Veranstaltungen zu beschaffen. Für die Damenwelt jedoch eines vorweg: Wer hoffen sollte, den Geisterfahrer tatsächlich „oben ohne“ auf der Bühne zu sehen, wird möglicherweise enttäuscht sein: Der Künstler entledigt sich lediglich seiner Kopfbedeckung. Text/Bilder:  Daniela Ziegler