TONI GOLDWASCHER, der bayerische Tom Sawyer: Ein Gögginger ließ ihn lebendig werden

TONI GOLDWASCHER, der bayerische Tom SawyerEin Gögginger ließ ihn lebendig werden


Am 6. September ist offizieller Start – viele haben den Film schon in der Preview beim Lechflimmern gesehen, und wer ihm einen spektakulären Erfolg voraussagt, muss nicht unbedingt ein Prophet sein. „Toni Goldwascher“, nach dem gleichnamigen Buch von Josef Einwanger ist der zweite Kinofilm des Regisseurs und Produzenten Norbert Lechner. Wir besuchten ihn zuz einem Interview an seinem Wohnsitz in Göggingen.SÜD-ANZEIGER: Nach „Wounded Faces“, kommt jetzt – rund 16 Jahre später – Ihr zweiter Film in die Kinos. Was hat Norbert Lechner eigentlich in der Zwischenzeit getan?Norbert Lechner: „Drehbücher geschrieben und verschiedene Dokumentationen produziert, zum Beispiel eine über den UfA-Filmpionier Hanno Jahn, den Erfinder des Film-Trailers. Aber ich war immer auf der Suche nach einem verfilmbaren Buch, das Kinder, Jugendliche und wenn möglich die ganze Familie anspricht.SÜD-ANZEIGER: Was hat Sie an „Toni Goldwascher“ so fasziniert, dass Sie es verfilmt haben?Norbert Lechner: Einfach alles, die Stimmung, die Zeit der 50er Jahre, die sich von der Zeit meiner eigenen Jugend nur wenig unterscheidet. In dieser Geschichte findet sich die noch weitgehend unbehütete Freiheit, in der Kinder damals aufwuchsen, in der sie abseits der Welt der Erwachsenen ihre eigenen – oftmals auch gefährlichen – Abenteuer erlebten. Dass diese Erlebniswelt auch für heutige Kinder ihren Reiz hat, bestätigte mir spontan ein etwa 10-jähriges Mädchen nach der Voraufführung: es sei der „schönste Kinderfilm, den sie je gesehen habe“.SÜD-ANZEIGER: Sie haben also das Buch gelesen – jetzt ist der Film fertig. Wieviel Zeit lag da dazwischen?Norbert Lechner: Solche Projekte entstehen oft über Jahre, in meinem Fall waren es rund zehn. Allein 1 Jahr dauerte das Drehbuch. Sehr langwierig war die Finanzierung; eine zunächst gegebene Förderungszusage des Freistaats Bayern wurde wieder zurückgezogen und wir machten dann eben eine Low-Budget-Produktion mit insgesamt 250.000 Euro.SÜD-ANZEIGER: Woher hatten Sie denn die Schauspieler? Kamen die über Agenturen oder ein eigenes Casting? Norbert Lechner: Vom Intendanten des Münchner Volkstheaters bekam ich den Tipp, es mal in Riedering zu versuchen, da gebe es einen richtigen Creativ-Pool mit vielen talentierten Jungschauspielern. Dort fand ich dann meinen späteren Hauptdarsteller Maxi Brüggner; der hatte schon bei den Salzburger Festspielen mitgewirkt. Den Widersacher des Titelhelden, den Beil Hans, spielt Florian Schleggl, den lernte ich bei einem Schultheatertreffen kennen. Et stammt allerdings aus Oberfranken und musste er erst mal den bayerischen Dialekt üben.SÜD-ANZEIGER: Ein zweiter Hauptdarsteller ist ja der Hund. Ist das den ganzen Film durch immer derselbe? Meistens werden doch mehrere gleich aussehende Tiere eingesetzt, von denen jedes ein Spezialgebiet beherrscht …Norbert Lechner: Nein, es war immer derselbe. Er ist ein Mischling und so charakteristisch, dass man ihn bestimmt nicht hätte „doubeln“ können! Seine Trainering Eve Schwender hatte ihn einstmals aus einem Tierheim erlöst und dann sein Schauspieltalent entdeckt. Er war am Set ständig mit ihr zusammen, hatte sich sofort mit unserem ganzen Team angefreundet und sichtlich Spaß bei der Arbeit. Es war für uns alle faszinierend, wie er nur auf die Zeichensprache seiner Trainerin hin sich hinsetzte, aufstand, bellte oder sich umfallen ließ. Und er meisterte tapfer auch die kurze Szene, in der er allein in einem Boot ein paar Meter in den Fluss hinaustrieb. Nicht, dass es gefährlich gewesen wäre – das Boot war rings herum von Wasserwacht und THW-Leuten umgeben – aber er war dabei halt ein paar Meter weiter weg von seiner Trainerin …SÜD-ANZEIGER: Die Geschichte spielt sich am Inn ab; fanden die Dreharbeiten tatsächlich am Inn statt oder an einem ähnlichen Fluss?Norbert Lechner: Die authentische Landschaft war mir sehr wichtig, wir haben deshalb auch ausschließlich am Inn gedreht, was uns allerdings ein ungeahntes Problem bescherte. Offenbar wird der Inn von Sportfliegern als charakteristisches Landschaftsmerkmal sehr geschätzt und sie fliegen ihn liebend gern entlang. Unser Tontechniker hat während der Außenaufnahmen bestimmt ein paar graue Haare bekommen. Zu allem Überfluss sorgte er auch noch eines Tages unfreiwillig für große Heiterkeit: Weil er bei den Tonaufnahmen ziemlich weit im Wasser stehen musste, hatte ihm die Wasserwacht eine spezielle Sicherheitsweste verpasst. Beim Arbeiten kam er dann aus Versehen an deren Auslöseleine und die Weste blies sich mit lautem Knall zu einem kleinen Schlauchboot auf.SÜD-ANZEIGER: Wie lange dauerten eigentlich die gesamten Dreharbeiten?Norbert Lechner: Die reinen Dreharbeiten 35 Tage, das ist für einen 89-Minuten-Film nicht sehr viel, aber auch nicht gerade wenig. Wir hatten im August 2005 sehr unfreundliches Wetter. Übrigens, Ironie des Schicksals: einer der Höhepunkte im Buch ist ein plötzliches Hochwasser des Inns. Das haben wir im Drehbuch rausgelassen, weil es uns technisch zu aufwendig gewesen wäre. Und dann bekamen wir tatsächlich ein Hochwasser! Ich stand lange da und habe überlegt, ob wir es doch noch für den Film verwenden sollten, aber nach zwei Tagen war es wieder weg. Dann hatte sich allerdings die Uferlandschaft stark verändert und das machte uns bei den Szenenanschlüssen ziemlich zu schaffen.SÜD-ANZEIGER: Und wie geht es bei Ihnen weiter, haben Sie schon wieder ein neues Projekt in Arbeit?Norbert Lechner: Eigentlich mindestens zwei, eines davon ist „Winzig, der Elefant“, ein Zeichentrickfilm für Kinder. Das andere ist noch nicht so ganz spruchreif …SÜD-ANZEIGER: Abschließend noch ganz privat: Sie und Ihre Familie sind von der „Filmstadt“ München hierher nach Göggingen gezogen, nur weil Göggingen schöner ist?Norbert Lechner: Der Grund war die Gelegenheit für meine Frau, hier eine psychotherapeutische Praxis zu eröffnen. So sind wir vor 5 Jahren hierher gezogen, es gefällt uns hier ausgesprochen gut, aber mein Büro habe ich nach wie vor in München.SÜD-ANZEIGER: Wir danken Ihnen ganz herzlich für das Interview, freuen uns auf den Film und wünschen Ihnen und ihm viel Erfolg!