Geschichten aus der Geschichte

Thronend in der Mitte: das Gögginger Fuggerschloss (Stich Jakob Custos wohl um 1630 / Städt. Kunstsammlungen).

Historische Betrachtungen von Heinz Münzenrieder

Bis 1646 gab es in Göggingen ein Fuggerschloss. Die Augsburger Dominikaner erwarben das zerstörte Anwesen. Dann entstand dort ein Gartengut.

In Göggingen spricht man von einem Fuggerschlösschen. Offensichtlich ist hier die Erinnerung stärker als die Realität. Richtig ist, dass am Platz des jetzigen Alten Rathauses einmal ein stolzes Fuggerschloss stand. Dieses wurde aber im Dreißigjährigen Krieg – als die bösen Schweden und Franzosen Augsburg belagerten – im Jahre 1646 völlig zerstört. Und um das Jahr 1656 erwarben die Augsburger Dominikaner die traurigen Überreste des Schlosses und konzipierten dort ein Gartengut. Nach mehreren Besitzwechseln erwarben schließlich 1866 die von Stetten das Anwesen.

Nach der Verheiratung von Eugenie von Stetten mit dem Bankier und Kommerzienrat Ernst Schmid bewohnten diese die herrschaftliche Liegenschaft. Ernst Schmid war vermögender Teilhaber der Augsburger Bank Friedrich Schmid & Co, eines der damals bedeutendsten Finanzhäuser in Süddeutschland. Und der Herr Kommerzienrat war – unterstützt durch die Frau Gemahlin – ein Wohltäter erster Ordnung. So stellte er der Marktgemeinde selbstlos den Bauplatz zur Errichtung der 1892 eröffneten Schubertschule zur Verfügung und erwarb das Grundstück für die 1912 eingeweihte Evangelische Dreifaltigkeitskirche.

Im Gögginger Rathaus wurde ein Stück bayerischer Kommunalgeschichte geschrieben. Als schließlich das Budget der Kirchengemeinde wegen des Neubaus aus dem Ruder lief, kam wiederum – wie sollte es auch anders sein – Ernst Schmid zu Hilfe. Eugenie und Ernst Schmid beschritten ihren großherzigen Weg konsequent weiter: 1938 ist die Marktgemeinde Göggingen stolze Erbin des Schmid’schen Besitzes. Bis 1945 wird dann das Anwesen durch verschiedene örtliche NS-Organisationen zweckentfremdet, ehe dort das zerstörte Augsburger Landratsamt eine vorübergehende Bleibe findet.

Anfang der 1950er Jahre verlegen die Gögginger ihr zu eng gewordenes Rathaus dorthin. Die Bürgermeister Otto Miehle und Karl Mögele residieren jetzt hier. Und ein Stück bayerische Kommunalgeschichte wird dort auch geschrieben: Sowohl die 1000-Jahrfeier und die Stadterhebung 1969 als auch die schon drei später erfolgende ungeliebte Eingemeindung werden von hier aus „betreut“. Solch ein „Hick-Hack“ wird es sonst nirgendwo gegeben haben. 1972 übernimmt dann die Stadt Augsburg das ehrwürdige Gebäude, in dem heute örtliche Institutionen untergebracht sind.