Stadtberger Geschichte – durchs Bierglas betractet von Alfred Hausmann. Teil 4: Frau Wirtin hat ne Brauerei

Stadtberger Geschichte – durchs™ Bierglas betractet von Alfred Hausmann. Teil 4: Frau Wirtin hat ne Brauerei

Stadtbergen hatte um 1750 58 Feuerstätten. Seine Bewohner ernährten drei Wirtschaften, darunter zwei Brauereien. 1793 zahlte die untere Wirtin Victoria Schallerin, weil sie selbst „wieder bräuet für 20 sud bier, die sud zu 8 mezzen 52 fl 20 xx (Kreuzer) Steuer“. Ein Metzen hatte etwa 37 Liter. Frau Wirtin versorgte also die durstigen Stadtberger mit 5.920 Litern. Brauen war in früheren Zeiten häufig Frauensache. Luthers Frau Katharina von Bora hatte im Kloster das Brauhandwerk gelernt und versorgte zeitlebens ihren Mann und den großen Haushalt mit selbst gebrautem Bier, das von Luther über alles geschätzt wurde. Heute ist Schwester Doris vom Kloster der Armen Franziskanerinnen in Mallersdorf Deutschlands einzige Braumeisterin und leitet die Klosterbrauerei mit 2.000 Hektoliter Jahresausstoß. In Stadtbergen wurde natürlich auch im herrschaftlichen Bräuhaus des Domkapitels gebraut. Dessen Bier war – jedenfalls was den Konsum der geistlichen Herren (und Damen) angeht – von der Steuer befreit. Natürlich waren da Betrügereien Tür und Tor geöffnet. Die zum Eigenbedarf erklärten Mengen der kirchlichen Braustätten hätten die gesamte Augsburger Geistlichkeit in eine Dauertrunkenheit versetzen können.
Volks- und Viehzählung anno 1789
Im Dorf ist es sicher selten so üppig zugegangen wie bei einer „gehörn- und feuerstättenbeschau“ des Obervogtes anno 1789. Sie begann mit einem Frühstück beim Oberwirt und setzte sich mittags in der unteren Wirtschaft fort. Der Vogt aß und trank für 1 fl 15 x aus der Gemeindekasse, die Gemeindevertreter durften 36 Kreuzer verprassen. Doch hungrig und durstig dürften auch sie nicht vom Tisch aufgestanden sein. Zum Vergleich: ein Maurer verdiente 20 bis 22 Kreuzer am Tag, ein Pfund Schweinefleisch kostete 7 Kreuzer, die Maß weißes Bier 2, die Maß braunes Bier 3 Kreuzer. Für die Feierabendmaß musste der gelernte Handwerker also je nach Biersorte 10 bis 14 Prozent seines Tagesverdienstes ausgeben, heute reicht dafür ein halber Stundenlohn.
Die Bierhefe wird entdeckt
Etwa um diese Zeit dürfte die obere Zapfenwirtschaft den Betrieb eingestellt haben: 1797 wird der Wirt und Bäcker Ulrich Wörz genannt. Sein Sohn Alois, der 1806 übernimmt, wird nur als Bäcker bezeichnet. Dessen Epitaph kann man noch heute am Kirchturm von St. Nikolaus sehen. In der Folgezeit ist nie mehr von einer Zapfenwirtschaft sondern nur von einer Bäckerei die Rede. Dass sich Bäckerei und Brauerei unter einem Dach befanden traf in früheren Jahrhunderten oft zu und hatte einen guten Grund. Die Erfahrung zeigte, dass den Bäckern das Bier, dessen Güte damals oft Glücksache schien, besonders gut gelang, auch wenn man dafür keine Erklärung hatte. Es waren einfach die Hefezellen in der Luft der Backstube, die den Sud so zuverlässig zur Gärung brachten. „Heute back´ ich, morgen brau´ ich,“ galt nicht nur im Märchen. Die Rolle der Hefe aber war den Brauern noch unbekannt. Die nötigen Zellen mussten „zufällig“ in die Würze fallen. So ist auch im Reinheitsgebot nur von den drei Dingen Malz, Hopfen und Wasser die Rede. Die Hefe wurde, da ihre nützliche Rolle noch nicht bekannt war, auch nicht genannt. Erst um etwa 1550 wurde sie eingesetzt und erst im 18.Jahrhundert wurde ihre Wirkung durch Lavoisier wissenschaftlich geklärt.
In der nächsten Folge erzähle ich Ihnen
• wie der gute Ruf des Stadtberger Bieres amtlich bestätigt wurde
• und welche Sorten gebraut wurden.