Schweigen ist Gold: Ihre Rechte, wenn gegen Sie ermittelt wird Teil 2

Schweigen ist Gold: Ihre Rechte, wenn gegen Sie ermittelt wird
 Teil 2


Gegen einen persönlich oder Familienangehörige gerichtete polizeiliche Ermittlungen erleben die meisten Menschen ausgesprochen selten.
Dennoch ist es, für den Fall der Fälle, wichtig zu wissen, wie man sich in einem derartigen Fall am Besten zu verhalten hat. Nach der Vorgehensweise für den Fall, dass in einem Ordnungswidrigkeiten- oder gar Strafverfahren gegen einen ermittelt wird, erkundigten wir uns bei Rechtsanwalt Hans Ulrich Heinlein, einem seit 20 Jahren tätigen Rechtsanwalt, der sowohl Fachanwalt für Straf- wie auch für Verkehrsrecht ist.
Augsburger Südanzeiger: Wann kann denn dann eine Aussage überhaupt Sinn machen?
RA Heinlein: Ob und in welcher Form eine Aussage gemacht werden soll, sollte vernünftigerweise erst nach ausführlicher Beratung mit einem strafrechtlich versierten Rechtsanwalt entschieden werden.
Der Strafverteidiger wird in der Regel nicht nach dem Erstkontakt schon entscheiden können, ob eine Aussage sinnvoll ist oder nicht, sondern zunächst die Vertretung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden anzeigen und um eine so genannte „Akteneinsicht“ bitten.
Erst nach Erhalt der kompletten polizeilichen Ermittlungsakte ist eine vernünftige Beurteilung der Frage, ob eine Einlassung zu den erhobenen Vorwürfen sinnvoll ist oder nicht, möglich.
Wenn sich nach dieser Prüfung ergibt, dass dem Mandanten der zur Last gelegte Schuldvorwurf nach Aktenlage nachgewiesen werden kann, wird ein versierter Strafverteidiger mit großer Wahrscheinlichkeit eine Einlassung zur Sache empfehlen, da im Falle eines Geständnisses häufig eine spürbare Strafmilderung zu erwarten ist.
Die Entscheidung darüber, ob ein Geständnis jedoch sinnvoll ist, oder ob weiter geschwiegen werden sollte, sollte auf keinen Fall ein juristischer Laie unter dem Druck einer unmittelbar stattfindenden polizeilichen Befragung entscheiden, sondern ein Rechtsanwalt, welcher mit kühlem Kopf und entsprechender Sach- und Aktenkenntnis die Aussichten einer Verteidigung objektiv besser beurteilen kann.
Augsburger Südanzeiger: Welche Kosten sind für die Beauftragung eines Strafverteidigers zu erwarten?
RA Heinlein: In sehr vielen Fällen zahlt beim Bestehen einer Privat-Rechtsschutzversicherung diese die Verteidigung in Strafsachen, sofern es nicht zu einer Verurteilung wegen einer Vorsatztat kommt.
Bei gravierenderen Vergehen, welche entweder eine hohe Straferwartung begründen oder Sachverhalten, welche sehr komplex und für den Laien schwer durchschaubar sind, besteht auch die Möglichkeit, einen Rechtsanwalt als so genannten Pflichtverteidiger gestellt zu bekommen.
Dies bedeutet, dass man im Falle eines Freispruchs für dessen Kosten nicht aufzukommen hat, im Falle einer Verurteilung wird der Rechtsanwalt zunächst von der Staatskasse bezahlt, welche die Kosten dann wieder beim Straftäter einfordert, wodurch dieser jedenfalls für die anwaltliche Vertretung nicht im vollen Umfange vorschusspflichtig ist.
Für den Fall, dass keine dieser Möglichkeiten in Betracht kommt, kann nur darauf hingewiesen werden, dass guter Rat zwar manchmal teuer sein kann, schlechter Rat jedoch im Ergebnis unbezahlbar. Eine vermeidbare Verurteilung bzw. eine versäumte Chance auf eine Strafmilderung aufgrund des Verzichts auf einen Anwalt kommt unter dem Strich wesentlich teurer als jegliche denkbare Rechnung.
Augsburger Südanzeiger:Hilft der Strafverteidiger nur in Strafverfahren oder gibt es noch andere Bereiche, in denen die Unterstützung durch einen Verteidiger sinnvoll ist?
RA Heinlein: Die gibt es in der Tat. Hier ist insbesondere an die klassischen Verkehrsstraftaten wie Trunkenheit im Straßenverkehr oder fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung zu denken.
Es handelt sich hierbei um Taten, bei deren Verurteilung regelmäßig ein Entzug der Fahrerlaubnis mit ausgesprochen wird.
Hier kann durch entsprechende Beratung der Mandantschaft dazu beigetragen werden, dass sich die Dauer der Sperre zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis unter Umständen durch die Empfehlung der Teilnahme an speziellen Schulungen auch noch nach dem Urteil, wenn auch nur geringfügig, verkürzt wird bzw. dass nach Ablauf der Sperre sich die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nicht unnötig lange hinauszögert.
Augsburger Südanzeiger: Wie kommt es hierzu? Wird die Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperre nicht automatisch wiedererteilt?
RA Heinlein: Nein beileibe nicht. Nach Ablauf der Sperrzeit ist eine Neubeantragung der Fahrerlaubnis erforderlich, wobei in sehr vielen Fällen, insbesondere Wiederholungsfällen bzw. falls während der Alkoholfahrt die Blutalkoholkonzentration über 1,6 ‰ lag, die Führerscheinstelle eine so genannte medizinisch-psychologische Untersuchung, im Volksmund auch „Depperltest“ genannt, verlangen wird.
Vernünftigerweise sollte der Verteidiger bereits im Rahmen der Strafverteidigung den Mandanten darauf hinweisen, dass er frühzeitig an geeigneten Schulungskursen für eine solche MPU teilnimmt, da sonst nach unserer Erfahrung auch nach Ablauf der Sperrfrist noch reichlich Zeit ins Land gehen kann, bis die Fahrerlaubnis tatsächlich wieder erteilt wird.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass man jedem, der sich plötzlich als Betroffener eines Ermittlungsverfahrens sieht, nur dringlich geraten werden kann, von Anfang an konsequent von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen und sich baldmöglichst professioneller Hilfe durch einen versierten Strafverteidiger zu bedienen.
Augsburger Südanzeiger:Wir danken Ihnen für das Gespräch.