
Der schwäbische AWO-Bezirksverband fordert beim sozialpolitischen Fachgespräch mit Memmingens Oberbürgermeister Jan Rothenbacher (SPD) und Marcel Keller, SPD-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Memmingen-Unterallgäu, Reformen im Pflegebereich. Dazu gehören unter anderem die Begrenzung des Eigenanteils an Pflegeheimkosten auf 1.000 Euro pro Monat sowie die Wiedereinführung der Förderung von Investitionskosten.
AWO-Präsidentin Brigitte Protschka betont: „Den Vorschlag der Sozialdemokraten nach der Deckelung des Eigenanteils an Pflegeheimkosten auf 1.000 Euro im Monat unterstützen wir ausdrücklich.“ Sie fordert die politisch Verantwortlichen zum Handeln auf. Im Rahmen der Daseinsvorsorge müsse definiert werden, dass alte Menschen nicht nur im Krankheitsfall im Krankenhaus behandelt, sondern auch im Falle der Pflegebedürftigkeit im Pflegeheim versorgt werden. Die staatlichen Versorgungssysteme müssten so umgebaut werden, dass dies möglich sei.
Was nicht sein könne, sei die Verlagerung der Pflege in die Familien, die oftmals an der physischen und psychischen Belastung zerbrechen – mit fatalen Auswirkungen auf das persönliche Wohl der Pflegenden, aber auch auf Wirtschaft und Gesellschaft. „Wenn es zuhause nicht mehr geht, muss ein bezahlbarer Pflegeheimplatz zur Verfügung stehen“, fordert Protschka mit Nachdruck. „Es darf nicht sein, dass mehr Geld in die Verwaltungsabwicklung als in die Pflegeleistung selbst geht“, kritisiert sie den ineffektiven Einsatz der vorhandenen Mittel.
Staatliche Förderung bei Investitionen und Ausbildung gefordert
Um Heimplätze langfristig bezahlbarer zu machen und die Betroffenen zu entlasten, hält Dieter Egger, Vorstandsvorsitzender der AWO Schwaben, die Wiedereinführung der Förderung von Investitionskosten für unabdingbar: „Bei Kita- oder Schulneubauten sind staatliche Förderungen selbstverständlich, in der Pflege fehlen diese. Dies führt zu massiven Kostensteigerungen bei den Heimplätzen. Für andere Bereiche ist Geld vorhanden – für die Pflege muss dies auch gelten!“
Auch im Bereich der Ausbildung sieht er Handlungsbedarf: „Gerne bilden wir als AWO Schwaben in Pflegeberufen aus. Als Träger müssen wir die entstehenden Kosten jedoch auf die Bewohnerinnen und Bewohner umlegen. Den Pflegebedürftigen weiterhin die Ausbildungskosten zuzumuten, entbehrt jeglicher Sozialstaatlichkeit.“
Langzeitpflege muss finanzierbar sein
Den Reformbedarf sieht auch SPD-Bundestagskandidat Marcel Keller: „Betroffene müssen die Wahlmöglichkeit haben, ob und in welcher Form sie Pflege in Anspruch nehmen. Der finanzielle Aspekt darf bei dieser Entscheidung kein Ausschlusskriterium sein. Wichtig ist, dass auch Angehörige aufgrund der hohen Kosten nicht in eine Armuts-Spirale geraten.“
Dass diese Sorge sehr begründet ist, beschreibt Edmund Güttler, Vorsitzender des AWO-Kreisverbands Memmingen-Unterallgäu, anhand realistischer Beispiele aus dem Umfeld des AWO-Ehrenamts: „Die Menschen wenden sich immer wieder hilfesuchend an uns.“ Diese Sorgen teilt auch Memmingens Oberbürgermeister Jan Rothenbacher: „Man muss genau prüfen, welche Kosten für den Einzelnen zumutbar sind. Eine Obergrenze von 1.000 Euro halte ich dabei für hilfreich!“
Da das Thema Pflege und ihre Finanzierung viele Facetten hat, hält Rothenbacher Netzwerktreffen mit allen beteiligten Akteuren für notwendig. Für Memmingen will er dies in die Hand nehmen und die Träger an einen Tisch holen.