Ein fröhliches Durcheinander aus Deutsch, Italienisch und Englisch schwirrt durch den Barbarasaal, Stühle werden gerutscht, Notenständer gesucht und Notenblätter verteilt. Es dauert eine Weile, bis alle der rund hundert jungen Musiker den Platz bei ihrer Stimmgruppe gefunden haben, und dann: „Allora ragazzi, cominciamo dalla battuta trentanove – wir fangen bei Takt 39 an!“ Und es ist eine andere, gemeinsame Sprache, die der Musik von Gustav Mahlers 1. Sinfonie, die nun den Raum erfüllt.
Zwei Schulorchester treffen sich, um in nur zwei gemeinsamen Probentagen ein anspruchsvolles Programm zum Klingen zu bringen, das neben Mahler und Brahms auch zeitgenössische Werke wie die Filmmusik zu „Der Herr der Ringe“ umfasst. Dass dieses Vorhaben gelingt, liegt auch daran, dass viele der jungen Musikerinnen und Musiker sich schon seit mehreren Jahren kennen und auch über fast 700 Kilometer Entfernung enge Freundschaften pflegen. Zum dritten Mal sind die Schüler des Liceo „Ego Bianchi“ aus Cuneo im Piemont am Stetten-Institut Augsburg zu Gast, und ebenso war das Orchester des Stetten-Instituts schon dreimal zu Besuch in Cuneo.
Neben der Erkenntnis, dass das im nahe gelegenen Alba produzierte italienische Nutella „anders, irgendwie besser“ schmeckt, blieb den Stetten-Schülerinnen schon beim ersten Besuch am „Ego Bianchi“ der Eindruck von einer Schule, von der viele deutsche Gymnasiasten träumen dürften: An diesem künstlerisch-musikalischen Liceo stehen je nach gewähltem Zweig 12 Stunden Kunst oder Musik pro Woche auf dem Stundenplan – entsprechend hoch ist das dortige künstlerische und musikalische Niveau. Der Traum, eine solche Schule zu besuchen, hat sich für eine Schülerin des Stetten-Instituts schon erfüllt. Von Januar bis Juni 2018 war Paula Stoffels als Austauschschülerin am Liceo „Ego Bianchi“. „Eine aufregende und erlebnisreiche Zeit“ berichtet Paula. „Ich habe gelernt, mich auf andere Menschen einzulassen und ihre Sprache und Kultur kennenzulernen. Es gab so viele schöne Moment, die ich nie vergessen werde!“
Nicht nur bei Paula ist die Wiedersehensfreude mit den Freunden aus Cuneo nun natürlich groß. Neben den gemeinsamen Proben gibt es auch Zeit für einen Ausflug nach München mit einem Besuch der Residenz, abendliche Partys und Gelegenheit für die Gäste, den deutschen Familien- und Schulalltag kennenzulernen. Vielleicht möchte ja auch einer der italienischen Schüler ein paar Monate am Stetten verbringen? „Wir würden uns freuen – das wäre eine schöne Möglichkeit, die Freundschaft zwischen den beiden Schulen weiter zu vertiefen“ bestätigt Schulleiterin Barbara Kummer. Sie ist begeistert von diesem musikalischen Austausch, wie auch alle anderen Zuhörer des abschließenden Konzerts in der St. Anna-Kirche. Am Schluss des Konzerts, als Orchesterleiterin Annette Geerkens den Taktstock an ihren italienischen Kollegen Domenico Cera weiterreicht, sorgt dieser mit italienischem Temperament und Witz dafür, dass die ganze Kirche zur Zugabe von „La Bamba“ rhythmisch mitklatscht. Standing Ovations für hundert junge Musiker – und am nächsten Morgen viele Tränen beim Abschied, und von allen die Versicherung „Ci vediamo – wir sehen uns im April in Cuneo!“
pm A.B. von Stettensches Institut