Wenn es stimmt, dass bei Hauptversammlungen und Bürgerversammlungen eine geringe Teilnehmerzahl Indiz für allgemeine Zufriedenheit sei, dann herrscht in Stadtbergen fast grenzenlose Zufriedenheit. Fast. Denn über 20 im Vorfeld eingegangene und während der Versammlung gestellte Anträge scheinen es zu relativieren. Und wohl auch die Dauer von knapp 4 Stunden. Doch der Reihe nach:
Zu Beginn der unter strikter Einhaltung aller Corona-Schutzmaßnahmen Bürgerversammlung im Bürgersaal gab Erster Bürgermeister Paulus Metz seinen Rechenschaftsbericht ab, der aufgrund des bereits zu Ende gehenden Jahres entsprechend umfangreich ausfiel.
Beginnend mit Maßnahmen und Auswirkungen der Corona-Situation auf die Arbeit der Verwaltung und deren Kommunikationsmöglichkeiten, online und telefonisch, über den erfolgreichen Aufruf, Parkbänke zu spenden, kam er zu den erfolgten Ehrungen – u. a. Feuerwehrkommandant Martin Rusch, für langjährige Arbeit in der Kommunalverwaltung Michael Smischek, Roland Mair, Josef Kleindienst und (die jetzige Ministerin) Carolina Trautner. Im weiteren Verlauf nannte Metz Ereignisse wie Handgranatenfund, Eröffnung des Blechroller-Museums, neues Buswartehäuschen, Baubeginn der Erweiterung Kindergarten Reiterweg, Glasfaserausbau, u. v. m. (Wir wollen hier nicht den Jahreswechsel-Rückblick vorwegnehmen …)
Von der umfangreichen Kultur- und Jugendarbeit der Stadt berichtete Stadtdirektor Holger Klug: Ausstellungen, Ökomarkt, Kunsthandwerkermarkt, Wiederaufnahme der Kulturveranstaltungen im Bürgersaal (Programm regelmäßig im Stadtberger Bote!) Jugendclub Inside wieder geöffnet, Pumptrack-Errichtung, Ferienprogramme, neue Leitung der Volkshochschule, Bürgermeistersprechstunden im Freien, …
Zahlreiche Zahlen aus dem Fachbereich 2 lieferte Ordnungsreferent Markus Voh: 167 bearbeitete Rentenanträge, 16 Anträge auf Befreiung von der Rundfunkgebühr, 127 Gewerbeanmeldungen, 93 Fundsachenvorgänge, 133 Geburten – davon 3 Hausgeburten (de facto mit Geburtsort Stadtbergen!), 179 Sterbefälle, Einwohner in Stadtbergen 15.418, davon 3.508 ausländische Mitbürger. die Freiwillige Feuerwehr leistete 108 Einsätze. die Feuerwehr Deuringen 29 und die Feuerwehr Leitershofen 26. Dazu noch eine beeindruckende Zahl: 6.500 Liter weiße Farbe aus einem Lkw galt es zu entfernen – von der B300, der Feuerwehrkleidung und den Ausrüstungsgegenständen.
Der Einstieg in die Behandlung der eingereichten Anträge begann mit dem Antrag, die Stadt Stadtbergen möge eine Baumschutzverordnung ausarbeiten – Anlass für den Antragsteller war die Fällung einer Linde. Dies sei auf Empfehlung des Gutachers des Landratsamtes eines Gutachtens erfolgt, erklärte Bürgermeister Metz dazu; in Stadtbergen bestehe auch die Regelung, das für jeden gefällten Baum einer nachgepflanzt werde. Dem Antrag, eine Baumschutzverordnung auszuarbeiten, stimmte die Mehrheit der Anwesenden zu; ebenfalls dem Antrag, eine Auflistung zu erstellen, wo jeweils welche Bäume nachgepflanzt wurden.
Dem Antrag, nach dem sich der Stadtrat mit einer Umstellung von Erdgas auf 100% Biogas für kommunale Einrichtungen befassen solle, stimmten die Anwesenden einstimmig zu.
Vom selben Antragsteller kam die Forderung nach einem 3-jährigen Investitionsstopp für Straßenbauprojekte, zur Finanzierung der Stadtberger Klimastudie. Auch mit diesem Ansinnen solle sich der Stadtrat befassen, befand eine Mehrheit.
Weiterhin solle für eine größere Transparenz die Protokolle aus öffentlichen Stadtrats- und Ausschuss-Sitzungen digital veröffentlicht werden. Den Antrag, dass sich der Stadtrat mit dieser Thematik befassen solle, fand ebenfalls eine mehrheitliche Unterstützung. Auch mit einer Solarpflicht nach dem Muster der Stadt Augsburg solle sich der Stadtrat befassen.
Mittels eines Leitfadens dem städtischen Fuhrpark eine CO2- und kostenreduzierende PKW-Nutzung vorzuschreiben – dafür fand sich keine Mehrheit.
Einen Antrag weitere Maßnahmen in der verkehrsberuhigten Zone Alemannenweg im Stadtrat zu behandeln, stellten dortige Anwohner. Für mehr Sicherheit der auf der Straße spielenden Kinder solle der Beginn der verkehrsberuhigten Zone an die Einmündung Kappbergstraße verlegt, das Verkehrsschild „so angebracht werden, dass es nicht durch dort parkende Fahrzeuge verdeckt wird.“ Dazu nahm Ordnungsamtsleiter Voh dahingehend Stellung, dass kein Anwohner das Verkehrsschild in seinem Grundstück haben möchte und daher nun eine Firma beauftragt worden sei, die Granitpflastersteine zu entfernen und ein Fundament für das Schild anzulegen. Eine Verlegung an die Einmündung Kappbergstraße wurde im Verkehrsausschuss abgelehnt, da in der 30-er Zone dann nicht mehr rechts vor links gelten würde, was die Anwohner aber haben möchten. Eine erneute Befassung mit dem Thema wurde mehrheitlich abgelehnt.
Zustimmung fanden dagegen die Anträge betreffend umfangreiche Maßnahmen zum Artenschutz (Blühwiesen), zu mehr Schulwegsicherheit am Oberen Stadtweg und mehr Verkehssicherheit in der Deuringer, Hagenmähder Straße und im Virchowviertel.
Ganze 7 Anträge befassten sich mit der Herstellung der Bergstraße (Gehweg, Beleuchtung, Anliegerkosten, …); eine Mehrheit dafür fand sich nicht.
Etwas emotional wurde es dann seitens anwesender Eltern, die mit der Erhöhung der Kinderbetreuungsgebühren und der diesbezüglich sehr kurzfristigen Mitteilung nicht einverstanden waren. Zwar konnte der Bitte um Erklärung für die Erhöhung nicht in der Bürgerversammlung gestellt werden, weil die Fragestellerin keine in Stadtbergen gemeinderatswahlberechtigte Bürgerin ist – Bürgermeister Metz ließ das Thema dennoch zu, weil von anderer Seite dazu ein Antrag vorlag. Ausführlich erklärte Klug, wie es zur Erhöhung der Gebühren kam, dass nämlich der Stadtrat im Rahmen der Haushaltsberatungen alle kostenträchtigen Einrichtungen der Stadt auf den Prüfstand gestellt habe. Die Stadt habe die Aufgabe, Kinderbetreuung sicherzustellen und deshalb auch Betriebsverträge mit unterschiedlichen Trägern. Die grundlegende Rechtsvorschrift für den Erhalt staatlicher Zuschüsse sieht eine Drittelteilung (Staat. Stadt, Eltern) und gestaffelte Elternbeiträge vor. Das jährliche Betriebskostendefizit beträgt fast 4 Mio Euro, die die Steuerzahler in der Kinderbetreuung finanzieren. Eigentlich müsste auf die Eltern 100 % des Drittels umgelegt werden; der Stadtrat hat jedoch eine stufenweise Erhöhung beschlossen: zum 1.1.22 56%, zum 1.9.22 62%, zum 1.1.23 68% – wobei die Stadt noch immer 32% der Kosten übernimmt.
Den Verkehrssektor im Allgemeinen, die Fußgängersicherheit und die Mobilitätswende im Besonderen hat sich ein Antragsteller zum Thema erkoren und beantragt, die Stadt Stadtbergen solle eine tiefgreifende Transparenz bei allen Belangen der anstehenden Mobilitätswende schaffen. In einem weiteren Antrag wünscht er sich die Festlegung von eindeutigen Zielen für die Erarbeitung des Nahverkehrsplanes des AVV (Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund). Da das Landratsamt einer der Gesellschafter ist, solle Stadtbergen als Stadt des Landkreises klare Ziele für die Erarbeitung des neuen Nahverkehrsplanes einfordern. Und drittens solle zur Steigerung der Verkehrssicherheit stadtweit Zebrastreifen geschaffen werden, wobei der Antragsteller eine Auflistung von 22 „zu betrachtenden Orte“ erstellt hatte. Diesen drei Anträgen stimmte jeweils eine Mehrheit der Anwesenden zu. Letzteren kommentierte Bürgermeister Metz mit dem Hinweis auf die Kosten – jeder Zebrastreifen koste über 15.000 Euro, zudem seien auch Kreisstraßen genannt, über die Stadtbergen ja keine Verfügungsgewalt habe.
Der letzte Antrag des Abends: eine Antragstellerin möchte, dass sich der Stadtrat damit befasse das Kriegerdenkmal samt der Gedächtnistafel an der Schulstraße wieder freizustellen. Es solle nicht, wie momentan erwogen, wegen der provisorischen Kinderkrippe im Pfarrhof aufgestellt werden. Auch dieser Antrag wurde von einer Mehrheit unterstützt.
Text/Foto: Gunnar Olms