„Ja Buaba, dös ka ma fei it so lossa!“: Kindheitsgeschichten aus der Nachkriegszeit in Stadtbergen (1945-1955)

„Ja Buaba, dös ka ma fei it so lossa!“Kindheitsgeschichten aus der Nachkriegszeit in Stadtbergen (1945-1955)


4. Die Schulspeisung kommt!Zu den größten Freuden des grauen Schulalltags gehörte die Schulspeisung. Diese wurde von den Amerikanern täglich an alle Schüler ausgegeben. Damit sollte sichergestellt werden, dass alle schulpflichtigen Kinder wenigstens eine warme Mahlzeit erhielten. Unsere Schulspeisung wurde in der Gemeindeküche von Frauen gekocht. Zwei Personen zogen einen Leiterwagen, auf welchem ein hoher Suppenkessel mit großer Schöpfkelle stand auf unseren Pausenhof.Wir Kinder hatten alle einen Blechnapf mit Suppenlöffel dabei. Kaum hatte ein Kind entdeckt, dass der Leiterwagen in den Schulhof hereingezogenen wurde, erscholl der Ruf: „Die Schulspeisung kommt!!“ Daraufhin holten wir alle unsere Näpfe hervor und trommelten mit unseren Löffeln darauf herum, dass ein ohrenbetäubender Lärm entstand. Frau Rossmann schlug mit ihrem Tatzenstecken auf des Pult und versuchte, Ruhe und Ordnung herzustellen. Bei diesem Freudengeschrei hatte sie aber keine Chance. Sie konnte uns gierige Schreihälse nur noch hilflos in die Pause entlassen.Wir stellten uns dann in Richtung Suppenkessel an. Wer dran war, bekam einen Schlag Suppe in seinen Napf. Gierig löffelten wir den Inhalt in uns hinein. Was wir nicht mehr schafften ließen wir im Napf, um den Rest daheim abzugeben. Natürlich fiel so mancher Blechnapf beim Anziehen in der Garderobe um. Das gab dann eine mords Sauerei im Gang. Manche Kinder traten in die Suppenreste und eine glitschige Spur führte aus dem Schulhaus hinaus.Besonders beliebt war der Kakao, den man uns einmal wöchentlich mit einer Semmel verabreichte. Der wurde bis zum letzten Tropfen ausgeschlürft. Deshalb passierte auch nichts, wenn einer seinen Napf umwarf……Am letzten Schultag vor Weihnachten bekam jedes Kind einen Riegel Waldbauerschokolade, wunderbar verpackt. Wir trugen diesen als großen Schatz nach Hause und verzehrten ihn andächtig unter dem Weihnachtsbaum. So erfuhr jeder von uns, wie Schokolade schmeckt! Bis zur Währungsreform 1948 gab es kaum Süßigkeiten, daher hatte dieses Stückchen Schokolade einen unheimlich hohen Stellenwert in unserem Kinderleben. (Weitere Geschichten von Winfried Hierdeis in den nächsten Ausgaben des Stadtberger Bote)Die Hoover-Schulspeisung …… wurde erstmals am 14. April 1947 in der britisch-amerikanischen, der sogenannten Bizone ausgeteilt. Aus den dafür bereitgestellten Lebensmitteln, die großenteils aus Armeebeständen stammten , erhielten 3,5 Millionen Kinder eine tägliche Mahlzeit von 350 Kalorien. Die Aktion erfolgte auf Grund einer Anregung des ehemaligen Präsidenten Herbert Clark Hoover, der sich im Auftrag der US-Regierung mögliche Hilfsprogramme vorgeschlagen hatte, darunter auch die Schulspeisung.