Hat der Sozialstaat noch Zukunft? Sozialempfang der SPD-Landtagsfraktion |
Stadtbergen. „Hat unser Sozialstaat eine Zukunft? Und wie ist die konkrete Lage des Sozialstaates in Bayern?“ Diesen Fragen widmete sich der Sozialempfang der SPD-Landtagsfraktion im Foyer des Stadtberger Bürgersaals, in deren Namen und als Mitglied des Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik Dr. Simone Strohmayr einlud. Sie freute sich als Redner den Vorsitzenden dieses Ausschusses des Bayerischen Landtags, den Regensburger Abgeordneten Jochen Wahnschaffe (SPD) begrüßen zu können. Ihr herzliches Willkommen galt 1. Bürgermeister Dr. Ludwig Fink, dem Geschäftführer der Landtagsfraktion Harald Güller, DGB-Chef Helmut Jung, den Bezirksräten Ellen Blask und Wolfgang Bähner, wie den zahlreichen Vertretern von Wohlfahrtsverbänden und sozialer Einrichtungen, sowie den Seniorenbeiräten.Dr. Simone Strohmayr betonte in ihrer Begrüßung, dass es ihr großer Wunsch ist, dass der Landkreis Augsburg eine Vorzeigeregion für Familien wird, dabei sei eine ausgewogene Sozialpolitik ein wichtiger Baustein. In einem Zukunftsforum der SPD wurde untersucht, was ein Landkreis braucht um zukunftsfähig zu sein, um Familien und Senioren alles zu bieten, was sie brauchen und um auf die demographische Entwicklung Antworten zu finden. „Wir wollen Angebote vernetzen, professionelle und ehrenamtliche Angebote ausbauen und ein Bündnis für die Familie aufbauen, damit die Familie künftig bei allen Entscheidungen im Mittelpunkt steht“, so Strohmayr.„Missbrauch und Anspruchsinflation, soziale Hängematte, Vollkaskoversicherung von der Wiege bis zur Bahre. Wo bleibt die Eigenverantwortung? sind Parolen, die für manche zum politischen Allgemeingut geworden sind. Dabei sind wir vom Versorgungsstaat weiter entfernt als der Transrapid von der Realisierung in München“, mit diesen Worten eröffnete Landtagsabgeordneter Jochen Wahnschaffe sein Referat. Während in den meisten europäischen Ländern der Sozial- und Steuerstatt gewachsen sei, liege die so genannte Staatsquote an der Wirtschaftsleistung in Deutschland nicht höher als 1975. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sei gerade mit 3,3 Prozent auf einen historischen Tiefstand gesunken, so dass bereits Sorge besteht, on die Arbeitsverwaltung noch leistungsfähig genug ist, wenn die Arbeitslosigkeit wieder steigt, hob er heraus. „In einem so entwickelten Industriestaat wie Deutschland mit einer langen Sozialstaatstradition kann es nicht allein darum gehen das Verhältnis zwischen Wirtschaft und sozialen Sicherungssystemen auszutarieren, sondern vor allem darum, wie verhindert werden kann, dass immer mehr Menschen in Armut abgleiten und die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben voran schreitet“. Wahnschaffe betonte, dass in Bayern 160000 Kinder an oder unter der Armutsgrenze leben, ca. 100000 Menschen können, obwohl sie arbeiten, von dem verdienten Einkommen nicht leben. Dabei zitierte er Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung: „Materielle Armut von Kindern und Familien, mangelnde Chancengleichheit beim Zugang zur Bildung, Defizite bei der Gesundheitsversorgung und das Wegbrechen sozialer Strukturen gelten heute nicht mehr als Ausfluss einer göttlichen Weltordnung, sondern als massives gesellschaftliches Problem“. Er stellte die Fragen, ob es gerecht sei, dass immer mehr Kinder keine warme Mahlzeit am Tag erhalten, dass Eltern in vorschulischen Bildungseinrichtungen Beiträge zahlen müssen, Eltern mit Büchergeld und Studiengebühren belastet werden oder wenn von 500 Brennpunktschulen in Bayern gerade mal 120 einen Schulsozialarbeiter erhalten?. „Ist es gerecht, wenn der Zugang zur Bildung nirgendwo mehr vom Geldbeutel der Eltern abhängt als in Bayern“?Aufgabe der Opposition im Bayerischen Landtag ist natürlich nicht nur Fragen zu stellen, so Wahnschaffe. „Wir haben zu den aufgeworfenen Problemen Forderungen Konzepte und Anträge erarbeitet“. Allein zur Bekämpfung der Kinderarmut wurde ein Sofortprogramm erarbeitet, das vom Angebot einer warmen Mahlzeit über die Kostenfreiheit in Kindertagesstätten, bis hin zur Bestellung eines Kinderbeauftragten reicht, der dem Landtag jährlich Bericht erstattet. „Wir setzen auf die vielen Projekte von freien Trägern und Initiativen, die sich schon jetzt für Kinder stark machen“, erläuterte Wahnschaffe. Dabei setzt die SPD auf die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Dazu brauchen wir mehr Kinderkrippen, aber auch Ganztagsschulen. Mit einer Bildungsmilliarde und einem umfangreichen Bildungsprogramm wollen wir erreichen, dass alle Kinder eine Chance auf bestmögliche Förderung von Anfang an erhalten. Chancengleichheit bedeutet aber auch, dass wir es uns künftig nicht mehr leisten können, ca. 10 Prozent der Schulabgänger ohne Abschluss zu lassen und damit direkt in die Arbeitslosigkeit zu treiben. Er zog sein Resumee: „Ein moderner ausgewogener Sozialstaat hat Zukunft, wenn wir engagiert für ihn eintreten. Unser Sozialstaat hat sich als belastungsfähiger gezeigt, als wir ihn wahrhaben wollen. Die Sozialleistungsquote ist trotz extremer zusätzlicher Belastungen, wie etwa durch die Folgen der Wiedervereinigung und die hohe Arbeitslosigkeit kaum gestiegen. Und das wichtigste: der soziale Frieden blieb gewahrt. Die Teilhabe aller Menschen in diesem Land an Bildung, Gesundheit, Pflege und Kultur, unabhängig von ihrem Einkommen muss gewährleistet sein. Dazu müssen die, die über ein höheres Einkommen verfügen, einen solidarischen Beitrag leisten!“ si