Ganzjährig art- und schnabelgerecht Wildvögel füttern!
Vogelfutter war früher einmal ein Winterthema. Jetzt werden immer mehr Stimmen auch von Ornithologen laut, die eine Ganzjahresfütterung von Gartenvögeln empfehlen. Die natürliche Nahrungssituation der Wildvögel in freier Natur hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert. Die Monokulturen, die heute unsere Landwirtschaft prägen, greifen so sehr in das Gleichgewicht der Natur ein, dass es für Insekten, aber auch für Wildpflanzen eng geworden ist: Die Wildvögel haben das Nachsehen!
Professor Dr. Peter Berthold, ehemaliger Leiter der Vogelwarte Radolfzell und einer der führenden Ornithologen hierzulande, ist ein eindeutiger Befürworter in der Diskussion, ob man Vögel füttern sollte oder nicht. Er überzeugt mit einer ebenso einfachen wie verblüffenden Frage: „Wie oft haben Sie früher die Scheiben Ihres Autos im Sommer von Insektenresten befreit und wie selten machen Sie das heute noch?“ Die Antwort eines jeden einzelnen darauf zeigt, wie sehr sich das Nahrungsangebot für Wildvögel verändert hat.
Damit führt er vor Augen, was Insektenforscher schon längst als alarmierend bezeichnen: Die Insektenpopulationen hierzulande sind in den letzten Jahren dramatisch, um bis zu 30 Prozent, zurückgegangen. Als maßgeblich dafür führen sie die mehr und mehr ausgeräumte „Kulturlandschaft“ an. Lag die Kulturreinheit, also der ausschließliche Wuchs einer Ackerfrucht auf ihrer Fläche, noch in den 50-er und 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts bei etwa 85 Prozent, liegt sie heute bei weit über 95 Prozent: Ackerstiefmütterchen und Ackergauchheil, Feldrittersporn und Fuchsschwanz, Klatschmohn und Kornblume – auf modernsten Produktionsflächen für Getreide & Co. kommen sie kaum mehr vor. Raine, früher die Felder rahmenden Refugien für rare Gräser und Kräuter, sind längst untergepflügt: Acker grenzt jetzt an Acker, jeder Quadratmeter landwirtschaftliche Ertragsfläche zählt im Bestreben, bessere betriebswirtschaftliche Kennzahlen zu erzielen.
Wo allerdings Blütenpflanzen fehlen, fehlen auch deren Samen und die solche Pflanzen begleitenden Insekten. Mit den Insektenpopulationen gehen also auch die Vogelpopulationen zurück, da die Brut nicht mehr richtig ernährt werden kann. Heimkehrende Zugvögel finden immer seltener überwinterte Samenstände von Pflanzen, in denen letzte Saat zu finden wäre oder überwinterte Insekten. Übrigens gilt inzwischen für den privaten, modernen Hausgarten mit seinen ausgesuchten Zierpflanzendas gleiche wie für Feld und Flur: Vogelnahrhaftes ist leider kaum mehr verfügbar.
Es kommt auf das Rezept an
Die Ganzjahresfütterung von Wildvögeln setzt eine gute Kenntnis der Nahrungsgewohnheiten von Vögeln voraus. Die Firma Welzhofer, im schwäbischen Schönebach zuhause, widmet sich diesem Thema seit Jahren mit großer Leidenschaft. Unterstützung kommt von den Vogelkundlern: Eine angemessene Zufütterung ist ein wesentlicher Beitrag zum Vogelschutz, insbesondere zum Erhalt und zum Teil sogar zum Wiederaufbau der Artenvielfalt unserer heimischen Vogelwelt.
Das Rezept für die Ganzjahresfütterung von Wildvögeln liegt in einem vielfältigen Angebot, für Weichfresser und Körnerfresser ebenso wie für Insektenfresser. Das Vogelfutter muss art- und schnabelgerecht sein, wie es die Fachleute nennen. Denn sonst kann das Futter von den Tieren nicht aufgenommen werden und bleibt am Futterplatz liegen. Irrigerweise führt das zu der Auffassung, die Tiere hätten offenbar keinen Bedarft. Richtig ist, dass das Futter nur die falsche Rezeptur hat. Denn auch dafür gibt es einen Grund: Winterstreufutter wird weitgehend im Lebensmitteleinzelhandel, im Baumarkt und Discounter gehandelt, oft nicht qualitäts- sondern preisgeleitet.