Erbin oder nicht Erbin?

Schafkopfturnier der Jungen Union Bergheim 8

von Dr. Mathias Grandel, Fachanwalt für Familienrecht

Gerda und Gustav G. sind verheiratet, leben im gesetzlichen Güterstand und haben einen volljährigen Sohn. Ihre Ehe ist gescheitert. Sie leben schon seit Mitte 2011 dauerhaft getrennt. Gustav G. möchte geschieden werden und reicht einen Scheidungsantrag beim Familiengericht ein, der seiner Frau am 29.12.14 zugestellt wird. Kurz vor der gerichtlichen Scheidungsverhandlung verstirbt Gustav G. überraschend am 1.3.15. Seine Frau wähnt sich als hälftige Erbin, schließlich sei die Ehe ja noch nicht geschieden und beantragt einen Erbschein. Dem tritt der Sohn Guido entgegen. Er ist der Meinung, Gerda G. sei nicht Erbin geworden. Damit hat er auch Recht: Da kein Testament vorliegt, würde  Gerda G.
im vorliegenden Fall gesetzliche Erbin zu ein halb. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten endet aber nicht erst, wenn die Eheleute rechtskräftig geschieden sind. Es endet bereits dann, wenn der Erblasser die Scheidung beantragt hatte und die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe zum Todeszeitpunkt gegeben waren. Beides ist hier der Fall. Gustav G. hatte die Scheidung beantragt und der Scheidungsantrag war zugestellt. Auch die Scheidungsvoraussetzungen waren zum Todeszeitpunkt gegeben. Die Eheleute lebten bereits länger als drei Jahre getrennt. In diesem Fall wird das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermutet. I.d.R. genügt bereits eine einjährige Trennung für die Scheidung. Gisela G.
ist also nicht mehr Erbin geworden und hat auch keine Pflichtteilsansprüche. Möglicherweise bleiben ihr noch Ansprüche auf Zugewinnausgleich.
Wäre nicht Herr G., sondern Frau G. verstorben, gilt etwas anderes. Sie hatte die Scheidung nicht beantragt, sondern ihr Ehemann. Dessen Erbrecht endet nur, wenn Frau G. vor ihrem Tod dem Scheidungsantrag durch Erklärung gegenüber dem Gericht bereits zugestimmt hatte. Es gelten also unterschiedliche Voraussetzungen für den Wegfall des Ehegattenerbrechts je nachdem, ob der verstorbene Ehegatte Antragsteller der Scheidung war oder nicht.
Dr. Mathias Grandel, Fachanwalt für
Familienrecht, Augsburg
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