Vortrag zeigt tiefe Einblicke in das filmreife Leben des Hofrats Friedrich von Hessing.
„Warum hat eigentlich noch nie jemand einen Film über ihn gedreht?“ Das fragte sich eine Besuchergruppe am Ende eines Vortrags über Hofrat Friedrich Ritter von Hessing (1838-1918), der 1868 die „Hessing’sche Orthopädische Heilanstalt“ in Göggingen gründete, sage und schreibe rund 60.000 Patienten versorgte und eine ganze Reihe prestigeträchtiger, heute denkmalgeschützter Bauwerke in Auftrag gab.
„Er war ein Wohltäter und hat der Menschheit viel gegeben. Es ist unvorstellbar, wie er all dies bewerkstelligte und auch noch die Zeit für unzählige Reisen fand, um vor Ort zu behandeln oder auch um mit den Großen dieser Welt zu tafeln. Allein in St. Petersburg und in Moskau war er 25 Mal“, brachte es Heinz Münzenrieder, Gründungsvorsitzender des Gögginger Geschichtskreises auf den Punkt und erstaunte die Zuhörer mit vielen Details aus dem Leben des berühmten Pioniers der modernen Orthopädie.
Zum Vortrag eingeladen hatte der Geschichtskreis im Rahmen seines durch Corona recht reduzierten Jahresprogramms. Die Kirche St. Johannes (auch „Hessing-Kirche“ genannt) bot hierfür einen guten Rahmen als Schutz vor dem regnerischen Wetter, mehr aber noch als eindrucksvolles Zeugnis des unbändigen Schaffenswillens ihres Initiators, der mit seinen Plänen vor mehr als 100 Jahren aber auch ziemlich aneckte. Seiner Zeit weit voraus, hatte Hessing die Kirche nämlich von vorneherein als von allen Konfessionen zu nutzendes Gotteshaus konzipiert. Es dauerte mehr als zehn Jahre, bis die „Kirchenväter“ diese damals revolutionäre Idee annehmen konnten. Schließlich fand im Jahre 1903 die Einweihung statt. Einen gemeinsamen Weihegottesdienst gab es allerdings nicht. Man feierte zweimal, wenn auch kurz hintereinander und traf sich dann beim Mittagessen. Heute finden – wie selbstverständlich – getrennte wie auch ökumenische Gottesdienste darin statt. Eine Vielzahl an Besuchern erfreut sich an der neubarocken Hülle, den byzantinisch geschmückten Wänden und der neugotischen Ausschmückung des Bauwerks.
Ja, er war schon etwas ganz Besonders, der Herr Hofrat. Er maß nur 1,47 Meter, sein Selbstbewusstsein aber war umso größer. „Durch Arbeit zur Unsterblichkeit“, ließ er selbst auf seinen riesigen Grabstein auf dem ginger Friedhof gravieren. Auch dies wird wohl so manchem „Gottesfürchtigen“ nicht gefallen haben. „Jedoch“, so betonte Münzenrieder, „hat Hessing in der Tat nie eine höhere Schule oder gar eine Universität von innen gesehen. Er hat sich wirklich alles allein erarbeitet. Einfallsreichtum, handwerkliche Geschicklichkeit und sicher auch eine gute Portion Fleiß machten aus dem einfachen Schreinerlehrling einen Multimillionär, der vielen Menschen zueinem besseren Leben verhalf.“
Text:Daniela Ziegler