Ein Spaziergang zu einem kleinen, unbekannten Juwel

Ein Spaziergang zu einem kleinen, unbekannten Juwel


Der letzte Spaziergang des Seniorenbeirats führte am 28. November nach Göggingen. Die ursprüngliche Planung sah vor, das Parktheater im Kurhaus zu besichtigen, jedoch war es leider an diesem Tag für alle Besucher geschlossen. Ersatzweise wurde der Besuch der kaum bekannten Hessing-Kirche angeboten.Trotz des nasskalten Winterwetters machte sich eine Gruppe von fast 30 Senioren/innen auf den Weg. Vom Schwimmbad Göggingen spazierte man über eine kleine Parkanlage auf das Hessinggelände und durch einen 100 m langen Wandelgang erreichte man in der Wellenburger Straße den Kircheneingang. Dort empfing die Gruppe der Seelsorger der Hessing Kliniken, Herr Bernhard, und führte sie in den beheizten Kirchenraum. Was war das für ein Erstaunen in einen fast ausschließlich aus Holz geschnitzten Innenraum in neugotischer Ausschmückung mit byzantinisch dekorierten Wänden einzutreten. Das künstlerisch wertvollste Stück ist eine Statue der heiligen Barbara aus der Riemenschneiderschule. Die Besucher erfuhren, dass Friedrich von Hessing Schreiner und Orgelbauer gelernt hatte, sich aber selber von Jugend an der Herstellung zahlreicher orthopädischer Hilfsmittel widmete, neue Techniken auf diesem Gebiet entwickelte und damit Weltruhm erlangte! So entstand in Göggingen ein großes Klinikareal. Weitere Niederlassungen sind in Bad Kissingen, Rothenburg ob der Tauber, Bad Bocklet und an einigen weiteren Orten. Der später zum Hofrat ernannte, zum Ritter geschlagene und in den Adelstand gehobene Hessing erkannte bald, dass der Kranke nicht nur medizinische Hilfsmittel zur Genesung brauchte, sondern dass auch eine ganzheitliche Behandlung des Menschen erforderlich war, wozu auch kulturelle Veranstaltungen und christliche Erkenntnisse gehörten. So ließ er für seine Patienten ein eigenes Theater erbauen und diese Kirche mit der Bestimmung als Simultankirche sowohl für katholische als auch protestantische Christen errichten. Die dazugehörige Orgel baute er selber. Die Kirche war nach 4jähiger Bauzeit 1894 fertiggestellt, konnte aber erst 12 Jahre später im Jahre 1906 ihrer Bestimmung übergeben werden. Es konnte sich weder die katholische noch die evangelische Obrigkeit über eine gemeinsame Weihe der Kirche einigen. Erst nach dieser langen Zeit entschlossen sich der katholische und evangelische Ortspfarrer ohne Mitwirkung der höheren Geistlichkeit die Kirche dem Schutzpatron Johannes dem Evangelisten zu weihen. Von dem Gesehenen und Gehörten waren die Senioren/innen so beeindruckt, dass sie zum Abschied aus eigenem Antrieb heraus ein Lied zum Lobe Gottes anstimmten.Der Rückweg führte an der mächtigen sog. Hessingburg vorbei, wo Friedrich von Hessing Gäste aus allen Adelsschichten, aber auch den Leibarzt des Zaren und Mitglieder der kaiserlichen Familie Deutschlands beherbergte.Zum Abschluss traf man sich mit weiteren Besuchern zu Kaffee und Kuchen in der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Stadtbergen. Zum Ausklang konnten alle Teilnehmer beim Jahresrückblick an Hand von Lichtbildern noch einmal sämtliche Spaziergänge des Jahres 2013 Revue passieren lassen und bekamen bereits einen Einblick in die geplanten Spaziergänge des neuen Jahres. Sie werden wieder ab Ende Februar regelmäßig auch mit verschiedenen neuen Wegstrecken stattfinden.  Text/Bilder: Raimund Strauch