FDP gedachte beim Neujahrsempfang ihres 70. Geburtstags
Vielen prominenten Parteifreunden und den zahlreichen anwesenden Mitgliedern konnte Stadtrat und FDP-Kreisvorsitzender Markus Arnold im oberen Fletz des Rathauses all die großen Herausforderungen (euphemistisch für „Probleme“!) schildern, vor denen die Stadt Augsburg zu Beginn des Jahres 2016 stehe und die sie sich selbst eingebrockt habe, sagte er. Es sei eben leichter, die Bevölkerung mit Geschenken zu beglücken, als Sanierungen anzugehen: „Beispiele sind das Sozialticket, das uns mit ca. 1,5 Mio. Euro pro Jahr belastet, aber auch der Jugendsportfördersatz, der letztes Jahr erhöht worden ist – trotz leerer Kassen.“
Zum aktuell brisantesten Thema, den geplanten Steuererhöhungen, machte Arnold unter Applaus den Zuhörern deutlich, warum die FDP und er als Stadtrat ablehnend dazu stehen: „Es darf nicht sein, dass wir heute Steuern erhöhen und Ihr Geld morgen für Gefälligkeitspolitik verschleudern – dann können wir das Spiel Jahr für Jahr wiederholen!“ Wer das nicht glaube, solle die SPD-Fraktion fragen, die wohl die Erhöhung von Gewerbe- und Grundsteuer mittrage, aber im selben Atemzug die Einführung eines Mitspiegels fordere. „Ein völlig unnützes Instrument, das uns alle zwei Jahr rund eine halbe Mio. Euro für Erstellung bzw. Erneuerung kosten wird, aber keinen einzigen Quadratmeter Wohnraum bringt.“
Für die kommenden Jahren nannte Arnold Leuchtturmprojekte, die den Liberalen wichtig seien. So das Stadttheater, zu dessen Finanzierung die FDP stehe: „Wer es aus ideologischen Gründen durch die Hintertür eines Bürgerentscheids abschaffen will, der versündigt sich!“
In die Attraktivität Augsburgs als Tourismusziel sei gut investiert, wenn die Stadt das Römische Museum auferstehen lasse: „Als eine der ältesten Städte Deutschland sind wir das unserer Geschichte schuldig.“
Im Hinblick auf die neue Uniklinik Augsburg und die wachsende Zahl an Studenten forderte Arnold den Freistaat auf, für zusätzliche Studentenwohnungen zu sozial verträglichen Preisen Förderprogramme und zinsgünstige Darlehen zu erstellen. Und für die Region von Augsburg bis München sei ein einheitliches Tarifsystem im ÖPNV dringend notwendig, da ca. 19.000 Menschen täglich zwischen den beiden Großstadtregionen pendeln.
Zu Ende seiner Rede bezog Arnold noch Stellung zur Immigrationsproblematik: „Augsburg hat für die Flüchtlinge bereits viel geleistet … bis zum Jahresende ist mit 6.000 Asylbewerbern zu rechnen. Die Leistungsfähigkeit hinsichtlich Finanzen, Wohnraum, Integrations-Möglichkeit nähert sich ihren Grenzen.“
In die Gründungsphase 1946 zurück führte Kreisvorsitzende Katrin Michaelis in ihrer Rede zum 70. Geburtstag der FDP und zitierte aus dem Parteiprogramm, das damals zum Beispiel forderte, dass alle Staatsbürger gleich seien. Besonders hob Michaelis. die Leistungen der FDP hervor bei Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau in den folgenden Jahren. „Bis 1977 durfte zum Beispiel eine Frau nicht ohne Einverständnis ihres Mannes eine berufliche Tätigkeit aufnehmen.“ In ihrer Chronik und der Aufzählung der Errungenschaften sozial-liberaler Koalition erinnerte MIchaelis an die Leistungen von Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher und sie ließ auch nicht das Jahr 2013 aus, „den Tiefpunkt unserer Partei. Wir haben Fehler gemacht und aus unseren Fehlern gelernt.“
Zum Thema Flüchtlinge vertrat sie die Meinung, dass wohl niemand in Europa den Schutzsuchenden diesen Schutz verwehren wolle, und untermauerte ihre liberale Anschauung mit dem Artikel 16a des Grundgesetzes, demnach eine politisch verfolgte Person Asyl genießt. An dieser Stelle unterbrach sie lautstark ein junger Mann aus dem Publikum, nach eigenen Worten seit 10 Jahren FDP-Mitglied, der ihr vorwarf, diesen Artikel falsch darzustellen und dafür sei das Thema zu wichtig. Nach ebenfalls lautstarken Entgegnungen seitens anderer verließ der Mann den Saal, von Stadtrat Arnold sanft hinausgeleitet.
In ruhiger Atmosphäre verlief dann der Rest der Veranstaltung, mit einer Podiumdiskussion und diversen musikalischen Darbietungen der Sängerin Stephanie Lenk (soultrainmusic.de) und einem Büffet, bei dem sich die Gäste noch lange Zeit nach Ende des offiziellen Teils unterhielten.