Ein Badesee direkt vor Stadtbergens Haustür? Wir fragten dazu Hans Niedermair, Sport- und Kulturamtsleiter im Rathaus Stadtbergen
Herr Niedermair, vor über 10 Jahren hatten Sie ein ähnliche Idee wie die für die sich jetzt einige Augsburger Stadträte stark machen. Sie sagen, dass Sie eigentlich alle Einwände gegen einen Baggersee nahe der Wellenburger Allee entkräften könnten und hernach alle glücklich damit wären. Was macht Sie da so sicher?
Hans Niedermair: Auch bei „Wertach vital“ gab es anfangs fast nur Gegner und jetzt fast nur noch Befürworter. Ich versuch es ganz kurz zu sagen. Ein Baggersee auf vorher kahlem Acker, mit Schilf und vielen Bäumen und Büschen ist ein Segen für Natur und Menschen. Landwirtschaftliche Nutzung über Kiesboden bedingt Nitrat im Grundwasser durch Gülle und Dünger. Beidseitig der Wellenburger Straße ist mit großer Sicherheit mit gutem Kiesgrund, Wasser in Trinkwasserqualität und einem Grundwasserstand von ca. 2,50 m zu rechnen. Also dürften idealste Bedingungen für einen Baggersee und der Verwertung des Kieses vorhanden sein. Dies muss natürlich anhand von Probebohrungen bestätigt werden. Außerdem ist hier nur mit minimaler Veralgung zu rechnen. Mit Kiesaushub sind schon viele Grundbesitzer reich geworden. Wenn das Gelände der Stadt Augsburg gehört – noch besser. Da niemand einen Stau einbauen will, hat der See keine Auswirkung auf den Grundwasserstand.
Die Bewohner rings herum hegen zum Beispiel Bedenken wegen der Flächenversiegelung durch Parkplätze, sie fürchten Müll und hohes Verkehrsaufkommen …
Jeder sollte sich den Baggersee in Riedlingen vor Donauwörth ansehen (live oder auf Google Earth). Ganz wenig befestigte Parkplätze, sondern alles auf der grünen Wiese. Vom See aus sieht man nur Schilf, Büsche und Bäume – für mich ein Traum. Die dort am See wohnen, lieben ihren See. Sie haben ja bewusst hier Grundstücke gekauft. Stimmt, die Menschen hinterlassen überall Müll. Leichter zu entsorgen ist er aber an einem Baggersee als z. B. an den Ufern der Wertach. Die Müll-Problematik am Lech wird derzeit in der Presse diskutiert. Und die Verkehrsfrequenz eines mittelgroßen Baggersees liegt weit unterhalb eines Lebensmittel-Großmarktes, den aber niemand in Zweifel zieht, auch wenn er mitten in der Siedlung liegt. Zudem wird der See ja nur an sonnigen Tagen genutzt.
Mitunter hört man ja „Naherholungsgebiet? Ja, aber bitte nicht soo nah, nicht vor meiner Haustür!“ Was spricht Ihrer Meinung nach für solch eine Lage?
Das ist wie mit der Nahversorgung, Beispiel Kutzenhausen: Dort muss man jetzt vielleicht mit einem Nahversorgungs-Zentrum im Gewerbegebiet vorlieb nehmen. Nicht zu Unrecht sagt hier Johannes Enzler vom Bund Naturschutz (Leserbrief vom 30.5.12 in der AZ), dass so etwas in die direkte Nähe einer Siedlung gehöre, da ansonsten nur zusätzlicher Autoverkehr induziert werde und es für weniger mobile Senioren, Kinder und Jugendliche unattraktiv sei. Das gilt auch für die Naherholung. Es kann nicht sein, dass die wasserverliebten Bürger von Aystetten, Neusäß, dem Bärenkeller, Pfersee, Göggingen, Stadtbergen, Bergheim, Inningen, Haunstetten, usw. usw. – wenn sie nicht im Chlorwasser oder der Wertach baden wollen – z.B. den Ilsesee überschwemmen und ringsherum zuparken. Die Königsbrunner selbst kommen deswegen sowieso mit dem Fahrrad. Wenn die vom EVA geforderte und finanziell geförderte Naherholung zur Fernerholung wird, und man 40 km zum nächsten „echten“ Badesee fahren muss, so verursacht das enorme Mengen an CO² und Schadstoffen, verbraucht natürliche Resourcen. Wenn man also in einem großen Einzugsgebiet einen Baggersee anlegt, vermeidet man dies. Hier könnte die Stadt Augsburg von der Stadt München noch viel lernen. Als wünschenwert erachte ich das Entstehen solcher Baggerseen auch im Bereich Neusäß und Bobingen, am Rande des Naturparks Westliche Wälder. Wenn man weiß, was Bau und Unterhalt von Frei- und Hallenbädern kosten, so wäre das ein billiges und wunderschönes Geschenk an die Bürger im Westen von Augsburg.