Die Behandlung von Lebensversicherungen im Scheidungsverfahren (Teil 2) von Rechtsanwältin Gabriele Eger-Nimtsch – Fachanwältin für Arbeits- u. Familienrecht
1. Welchen Wert hat eine Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung bei der Berechnung des Zugewinns?
a) Eine widerrufliches Bezugsrecht zum Stichtag, also Tag der Zustellung des Scheidungsantrags, hat keinen Wert, der positiv oder negativ in das Endvermögen eines der Parteien einzustellen ist.
b) Anders sieht es bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht aus, da der Bezugsberechtigte das Recht auf die Leistung des Versicherers bereits innehat. Der Wert dieser Kapitallebensversicherung ist daher ausschließlich beim bezugsberechtigten Partner anzusetzen.
c) Liegt ein sogenanntes gespaltenes Bezugsrecht vor, d.h. im Erlebensfall erhält der Versicherungsnehmer die Versicherungsleistung und im Todesfall der Ehepartner unwiderruflich, so muss der Wert der Versicherungsleistungen anteilig aufgeteilt werden. Es ist zu beurteilen, welche Chance der Versicherungsnehmer hat, dass er das 65. Lebensjahr erreicht. Ist die Chance sehr groß, wird das Bezugsrecht des Ehepartners mit null bewertet, d.h. das Bezugsrecht hat für diesen Ehepartner keinen Wert im Endvermögen, sondern wird zu 100% dem Endvermögen des Ehepartners zugerechnet, der auch Versicherungsnehmer ist.
2. Berücksichtigung einer latenten Steuerlast bei der Bewertung von Lebensversicherungen
Auch wenn eine Lebensversicherung mit Scheidung nicht aufgelöst werden soll, ist eine latente Steuerlast zu berücksichtigen, wenn die Lebensversicherung nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurde, sie mindestens zwölf Jahre läuft und an den Versicherungsnehmer nach dessen 60. Lebensjahr ausbezahlt wird.
Die Höhe der fiktiven Steuer bemisst sich nach dem so genannten fiktiven Gewinn. Hiervon sind 25 % zusätzlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer abzuziehen.
3. Einsatz der Lebensversicherung zur gemeinsamen Kreditfinanzierung
Ist eine Lebensversicherung zur Finanzierung einer Verbindlichkeit an die Bank abgetreten, kann der Wert dieser Versicherung im Endvermögen nicht angesetzt werden. Allerdings ist die Verbindlichkeit dann auch niedriger zu bewerten. Der Zeitwert der Lebensversicherung zum Stichtag mindert die Verbindlichkeit.
4. Wie ist eine so genannte Ausbildungsversicherung zu beurteilen?
Eine Ausbildungsversicherung stellt im Regelfall eine so genannte unechte Versicherung dar, d.h., der Versicherungsnehmer schließt eine Versicherung in eigenem Namen ab, auch wenn gedacht ist, mit dem Kapital die Ausbildung eines Kindes zu finanzieren. Das Kapital steht daher auch dem Versicherungsnehmer zur Verfügung und fällt im Scheidungsverfahren in sein Endvermögen.
Liegt jedoch eine so genannte echte Rentenversicherung vor, d.h., eine dritte Person – in der Regel ein Kind – ist ausschließlich verfügungsbefugt, so fällt der Wert dieser Versicherung nicht in das Vermögen des Versicherungsnehmers, da dieser über das Kapital nicht verfügen kann.Rechtsanwaltskanzlei Gabriele Eger-Nimtsch · Stadtbergen · Kappbergstraße 1 · Telefon (0821) 24335-0 · www.eger-ra.de