Das Wechselmodell – Fluch oder Segen?

von Rechtsanwältin Gabriele Eger – Fachanwältin für Arbeits- u. Familienrecht

Der Wechselmodell-Boom beschäftigt seit den letzten Jahren immer mehr die Familiengerichte.
Es gibt Länder, in denen das Wechselmodell als Betreuungsalternative gesetzlich verankert ist. Auch in der Praxis wird das Wechselmodell von immer mehr Familien gelebt, die auch nach Trennung und Scheidung sich die elterliche Verantwortung und die Kinderbetreuung teilen wollen.
§1687 BGB geht vom so genannten Residenzmodell aus. Hier lebt das Kind vorwiegend bei einem Elternteil und hält sich auch in der Regel beim anderen Elternteil regelmäßig auf.
Nicht so beim Wechselmodell, welches in Deutschland keine gesetzliche Grundlage hat und in seiner Grundform und in den Sonderformen Nestmodell und Free Access bekannt ist.
Bei der Grundform Wechselmodell haben die Kinder zwei Zuhause. Eines bei der Mutter und eines beim Vater. Sie leben bei ihre Eltern abwechselnd. Die zeitliche Frequenz kann stark variieren zwischen täglichem Wechsel bei Säuglingen über 3-4-tägigem oder wöchentlichem Wechsel bei Kleinkindern bis zu 14-tägigem, monatlichem oder quartalsweisem Aufenthalt der älteren Kinder.
Eine besondere Form des Wechsel-modells ist das Nestmodell. Im Nestmodell wechseln nicht die Kinder das Zuhause, sondern die Eltern. Die Kinder leben in einer festen Wohnung und die Eltern ziehen abwechselnd ein und aus. Dieses Modell wird häufig in der Zeit direkt nach der Trennung praktiziert, bis man eine endgültige Wohn-und Betreuungsregelung gefunden hat. Als dauerhafte langfristige Lösung oder auch für ältere Kinder ist das Nestmodell weniger gebräuchlich.
Bei der Betreuungsform Free Access wird den Kindern der Umgang mit ihren Eltern eigenverantwortlich auferlegt. Die Kinder haben freien Zugang zu beiden Eltern, es gibt keinen Betreuungsplan, sondern die Kinder entscheiden spontan nach ihrem eigenen Kopf.
Je nachdem, für welches Modell man sich entscheidet oder welches Modell man nach einer gerichtlichen Entscheidung lebt, jedes geht mit unterschiedlichen Problemen einher.
Welche Wechselfrequenz ist optimal? Wie schafft man es, sich konfliktfrei die elterliche Verantwortung zu teilen? Welche Voraussetzungen müssen für die Praktikabilität eines Modells erfüllt sein? Wie regelt man die Fragen des Kindesunterhalts, des Kindergeldes, des Hauptwohnsitzes des Kindes, den Ort der Schule bei Einschulung?
Und wenn ein Elternteil das Wechselmodell nicht mehr will, was kann man dann tun? Wer kann das Kind vor Gericht überhaupt vertreten?
Egal, wie konfliktbehaftet eine Trennung auch ist, um seiner Kinder willen sollte man schnell an einer Lösung der Betreuung arbeiten und möglichst eine Vereinbarung treffen, in der viele Fragen, die später erneut zum Streit führen können, geregelt sind.

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