Das Bethaus der evangelischen Gemeinde Pfersee

Foto: Brigitte Rauwolf

Seit 1870 wurden in Pfersee evangelische Gottesdienste in verschiedenen Wirtshäusern gefeiert; 1888 nahm man den Bau des Bethauses in Angriff. Am 19. Januar 1888 war das Grundstück in der Jakobine-Lauber-Straße gekauft worden, für die ungeheure Summe von 1530 Mark – wenn man bedenkt, dass ein damaliger Arbeiter am Tag 2 Mark verdiente, kann man sich ausrechnen, wie hoch die Bauschuld war und verstehen, dass sie den beiden Pfarrern von St. Anna, die damals für die Pferseer zuständig gewesen sind, einiges Kopfzerbrechen bereitete. Bereits am 2. Weihnachtsfeiertag desselben Jahres konnte die Gemeinde den 1. Gottesdienst in ihrem neuen Betsaal feiern. 1903 wurde das Bethaus nach Norden hin erweitert, 1910 fand die Erweiterung nach Süden statt.
Die wichtigste Aufgabe, die die Diakonissen im Bethaus erfüllten, war die Betreuung der Kinder der Arbeiterinnen. 1888 haben sie mit 100 Kindern begonnen, während des 1. Weltkriegs betreuten sie 385 Kinder.
Darüber hinaus bot das Bethaus den Arbeiterfamilien einen Ort, an dem man sich treffen, miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam Gottesdienste feiern konnte. Eine Zeitlang beherbergte es sogar ein Altersheim, in dem ältere Frauen ihren Lebensabend verbringen konnten.
Am 8. November 1963 konnte Hebauf gefeiert werden und am 14. Juni 1964 wurde schließlich die neue Kirche St. Paul eingeweiht.

Und wie ging es weiter?
Nach dem Bau der Kirche hatte der ehemalige Betsaal seine gottesdienstliche Funktion verloren. Im Juni 1974 zog die Kindertagesstätte St. Paul in ihr neu errichtetes Gebäude in der Uhlandstraße 2. Im Jahr 1977 verließ mit Schwester Marie Wüst die letzte Diakonisse die Station Bethaus-Pfersee.
Danach war eigentlich der Abriss des Bethauses geplant. Doch das große Engagement zahlreicher Menschen konnte dies verhindern. Heute ist im ehemaligen Betsaal eine Einrichtung der Klaucke’schen Stiftung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht. Im Mittelteil hat die evangelische Sozialstation Pfersee-Kriegshaber ihre Büroräume untergebracht und im Südteil befinden sich die Gemeinderäume. Die Kindertagesstätte St. Paul leistet –  nun sozusagen von gegenüber – in bewährter Tradition ihre Arbeit.

Quelle: 100 Jahre Bethaus St. Paul in Pfersee