Aus Volkskunde, Brauchtum und Glaube: Ritt der Bischof bei Göggingen über die Wertach? Der Heilige Ulrich und seine Verehrung seit mehr als 1000 Jahren (von Prof. Dr. Frei)

Augsburger Parität zeigt dieses Bild (von Wolf-Cristian von der Mülbe), das Prof. Frei hier präsentiert – „Kirchen St. Ulrich und Afra (katholisch) und St. Ulrich (evangelisch) heute wichtige Standorte der Ökomene”

Der 4. Juli ist ein besonderer Tag im Heiligenkalender der Diözese Augsburg. Er ist der Gedenktag an den Hl. Ulrich, der als Bischof und Schutzpatron sowie als geistlicher Reichsfürst in die Geschichte eingegangen ist. Seit mehr als 1000 Jahren wird er vom gläubigen Volk als tatkräftiger Verteidiger der Stadt Augsburg, als Förderer der Klöster, als Helfer der Armen und als Patron gegen vielerlei Nöte verehrt.
Ulrich wurde 890 als Sohn einer Adelsfamilie vermutlich auf der Burg Wittislingen (heute Landkreis Dillingen) geboren. Mit 10 Jahren kam er in das berühmte Benediktinerkloster St. Gallen zur Erziehung und Ausbildung. Nach seiner Priesterweihe unternahm er seine erste Romreise.
923 wurde er zum Bischof des Bistums Augsburg geweiht. In diesem Amt erwarteten ihn schwere Aufgaben. Augsburg war damals eine kleine Ansiedlung rund um den Dom. Neben den politischen Wirrnissen im Kamp um Macht und Einfluss herrschten auch wirtschaftliche Krisen und religiöse Probleme. Ulrich verbesserte die Ausbildung der Geistlichen und leitete die Gründung des Benediktinerkloster St. Stephan in Augsburg in die Wege. Seine besondere Sorge galt den Armen und Kranken, er kümmerte sich um die Entwicklung eines Spitals.
Seine größte Sorge war die Bedrohung der Stadt durch die Ungarn, die plündernd und mordend durch das Land zwischen Donau und Alpenrand zogen. Als sich ein großes Heer vor der Stadt versammelte, ließ er die Tore verbarrikadieren und organisierte den Widerstand, bis König Otto mit einem großen Aufgebot anrückte. Am 10. August brachte das kaiserliche Heer den Ungarn eine vernichtende Niederlage bei. Der Kampfplatz war wahrscheinlich das Lechfeld südlich von Augsburg, für einen Schauplatz im Westen der Stadt im Schmuttertal gibt es ebenfalls Argumente.
Ulrich wirkte noch weitere 18 Jahre als Bischof bis zu seinem Tod am 04. Juli 973. Der Leichnam wurde in einer Grabkammer unter der Afrakirche vor den Toren der Stadt bestattet, wo sich seit der Jahrtausendwende die Klerikergemeinschaft zu einem Benediktinerkloster entwickelte. Bereits 20 Jahre nach seinem Tod setzte mit seiner Heiligsprechung 993 eine große Verehrung ein. Im Zentrum stand die Grabstätte in dem Benediktinerkloster.
In folgenden Jahrhunderten entstanden zahlreiche Ulrichs-kirchen und -kapellen in der Diözese Augsburg, mehr als 300 in Deutschland. Seine Verehrung fand Ausdruck in vielen Formen der Volksfrömmigkeit und des religiösen Brauchtums. Das Fischattribut weist auf sein Patronat für Fischer und Reisende hin, ebenso auf die Ulrichsbrunnen, deren Wasser gegen Augenleiden helfen soll. Man ruft mit Fürbitten den Heiligen bei vielerlei Krankheiten an, ebenso bei Unwetter, Hochwasser und Ernteschäden. Zur Verbindung des Heiligen mit Wasser mag auch das Wertachwunder beigetragen haben, von dem in der Vita Gerhards, Kap. 17, berichtet wird. Ulrich überquerte einst den Hochwasser führenden Fluss, zusammen mit seinem Kaplan Herewig, der den Bischofsstab tragen musste. Während der Kaplan trotz des größeren Pferdes bis an den Gürtel durchnässt am andern Ufer ankam, hatte Bischof Ulrich nicht einmal nasse Füße und gebot ihm: „Hüte dich, so lange ich lebe, einem andern zu erzählen, was du gesehen hast!“
(Anm. d. Red.: Dass dieses Ereignis bei Göggingen oder Inningen stattgefunden habe, ist zwar nicht überliefert, wäre aber gut vorstellbar)