Geschichten aus der Geschichte: Historische Betrachtungen von Dr. Heinz Münzenrieder: Holpriger Anfang des Gögginger ÖPNV

Solche Dampf-Lokomotiven der Münchner Firma Krauss waren in den 1880er Jahren auch in Augsburg im Einsatz. Leider gibt es hiervon keine Fotografie. Unser Archivbild zeigt deshalb ein nach England geliefertes Exemplar mit einem dort verwendeten Doppeldecker-Waggon. Bild: Bayerisches Wirtschaftsarchiv / Heinz Münzenrieder

Schon nach nicht einmal einem Betriebsjahr wird die krakeelende Dampf-Trambahn wieder eingstellt. Das Experiment ging völlig daneben. Das Militär, die Anwohner und insbesondere die Gögginger Landwirte protestierten lautstark.

Göggingen Am 11. Juni 1898 ist es soweit: Erstmals erreicht eine moderne elektrische Straßenbahn Göggingen und die seit Mai 1881 verkehrende Pferdebahn wird eingestellt. Den etwa 100 braven Pferden wird’s recht gewesen sein, mussten sie doch so 1,5 Mio. Fahrgäste jährlich befördern. Doch ganz glatt ging dies nicht über die Bühne. Vorher wurde noch gehörig experimentiert. Die privat geführte Augsburger Trambahn AG – ins Leben gerufen durch zwei tatkräftige Unternehmer aus dem französischen Metz – kam nämlich zunächst nicht so recht in die Gänge. Nur durch eine Erhöhung der Wagengeschwindigkeit auf 12,5 km/h versprach man sich rentable Ergebnisse.
Schließlich wären so Personal und Wagen einzusparen. Dies war aber nur „pferdelos“ zu bewerkstelligen. Doch der elektromechanische Antrieb war noch nicht das Gelbe vom Ei und andere Traktionsarten standen zur Diskussion. So genehmigte die hohe Königlich-Bayerische Staatsregierung am 14. Juni 1886 den Probelauf mit Dampf-Lokomotiven auf der Strecke Königsplatz – Göggingen. Und vorsichtig waren die Herren der Trambahn AG schon: Bei der Lokomotivenfabrik Krauss in München wurden drei Tramway-Loks zunächst nur für neun Monate angemietet. Und ab dem 12. September 1886 sind die Pferdebahnwagen nach Göggingen mit diesen bespannt worden.

Diskutiert wird auch der Einsatz von Natronspeicher-,Petroleum- und Gas-Lokomotiven
Doch ein Sturm der Entrüstung stellt sich dem „Fortschritt“ entgegen: Die Militärs – in Augsburg war das 4. Feldartillerieregiment stationiert– befürchteten das Scheuen ihrer Pferde, den Anwohnern passten Rauch, Ruß und Lärm überhaupt nicht und die Gögginger Landwirte sahen Gefahren für Mensch und Tier und rebellierten recht lautstark. So kam es wie es kommen musste: Der Augsburger Stadtmagistrat zog die Notbremse und die krakeelenden Dampfrösser werden im Juni 1887 nach nicht einmal einem Jahr endgültig von d en Schienen geholt, was der Lokomotivenfabrik Krauss gar nicht recht war. Nachdem dieser Versuch kräftig danebenging, wurde aber auch über Natronspeicher-, Petroleum- und Gas-Lokomotiven nachgedacht. Man entschied sich aber dann doch für den vorläufigen Weiterbetrieb der Pferde-Tramway. Diese hatte dann 1898 ausgedient. Die Nürnberger Elektrizitätsgesellschaft Schuckert & Co. erwirbt jetzt die Augsburger Straßenbahn und das elektrische Zeitalter nimmt – Dank der jetzt gereiften Technik – seinen Lauf. Ab 1908 gehorchte dann die Augsburger Straßenbahn nicht mehr dem Kommando aus Nürnberg. Der Magistrat machte Nägel mit Köpfen und übernimmt die Bahn in städtische Regie. Und die Erfolgsgeschichte der eigenen rot-grün-weißen „Schdrossabah“ konnte beginnen.