Aus Volkskunde, Brauchtum und Glaube (von Prof. Dr. Hans Frei): „Vor Blitz, Hagel, Ungewitter, bewahre uns, o Herr“

Häuslicher Wettersegen von Magda Sailer in der Tradition einer Klosterarbeit gefertigt. Ein Reliquienkranz und Wallfahrtsandenken umrahmen ein AGNUS DEI aus Wachs.

Die Unwetter der letzten Wochen in vielen Gegenden haben heftige Diskussionen über die Ursachen und die möglichen Schutzmaßnahmen ausgelöst. Natürlich können die Geschädigten in unserer gesellschaftlich gut organisierten und wohlhabenden Zeit materielle Unterstützung erwarten. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie man früher unter völlig anderen Bedingungen mit solchen Katastrophen umgegangen ist, wenn die Ernte vernichtet, die Häuser zerstört wurden oder Menschenleben bedroht waren.
An erster Stelle stand bei unseren Vorfahren das Beten und Bitten um Hilfe und Heil bei Gott. Sinnsprüche und Opfergaben spielten dabei eine wichtige Rolle.

Kerze, Glocke, Wettersegen …
„Vor Blitz, Hagel, Ungewitter, bewahre uns, oh Herr!“ – So betet man bis heute bei der Wetterprozession und beim Wettersegen am Ende der Gottesdienste. Bei einem aufziehenden Gewitter entzündet man die Wetterkerze und läutet die Wetterglocke. Ein kunstvoll gestalteter Wettersegen im Haus mit zahlreichen Heiligenbildchen und verschiedenen Wallfahrtsandenken sollte dabei Segenskraft entfalten.

Hilfe durch heimische Pflanzen
Keinesfalls fehlen durfte der Kräuterbüschel, der am Fest Mariä Himmelfahrt geweiht wird und der im Volksglauben noch heute eine große Bedeutung für Schutz und Hilfe besitzt. Die Zusammensetzung wechselt in den verschiedenen Gegenden. Auf jeden Fall gehört dazu der „Frauenmantel“ als Symbol für die Hilfe der Gottesmutter Maria. Heimische Pflanzen wie Baldrian, Johanniskraut, Kamille, Mariennelke oder Schafgarbe dürfen nicht fehlen. Jeder Kräuterbüschel soll mindestens 9 verschiedene Kräuter haben, in manchen Gegenden waren sogar 77 der Brauch.

Das Vertrauen und die Ehrfurcht zur Gottesmutter Maria kommen auch zum Ausdruck, wenn man die geweihten Kräuter trocknet und im Haus aufbewahrt. Verschiedene Vereine wie die „Kräuterregion Stauden“ haben das fachliche Wissen vermittelt und die Ehrfurcht für den Glauben in den letzten Jahren wieder verstärkt. Ein Entdecker und Erneuerer der Bedeutung der Heilkräuter war vor 150 Jahren Sebastian Kneipp nach dem Motto: „Jedes Kräutchen der Erde preiset den Herrn.“