Göggingen/Inningen Ein wenig privilegiert waren sie schon: Die Ansiedlungen im Verlaufe der strategisch wichtigen – weil hochwasserfreien –
Hochstraße zwischen Augsburg und Schwabmünchen, deren Anlage schon auf die alten Römer zurückzuführen ist. Und dass Seine Kaiserliche Majestät darauf auch ein Auge hatte, kann man schon nachvollziehen. Schließlich ist man Chef des Heiligen Römischen Reiches und hierzu sind gute Straßenverbindungen in den Süden wichtig.
Bereits in einer Urkunde des Papstes Alexander III. aus dem Jahr 1156 werden sie au passant erwähnt: Die Dörfer entlang des eiszeitlichen östlichen Wertachufers. Und spätere Urkunden bestätigen, dass die Kaiserlichen Majestäten die Strassdörfer – die Strassvogtei – den Augsburger Bischöfen verpfändeten, was durchaus zu verstehen ist.
Der Kaiser lässt die Augsburger im Regen stehen
Hatten doch die Kaiser immer Ebbe in der Cassa, was bei den Bischöfen meist nicht so war. Umsonst ist aber der Tod und so mussten die guten Straßdörfer als schnödes Pfand für die kaiserlich-bischöflichen Finanzgeschäfte herhalten. Immer wieder werfen auch die Augsburger ein begehrliches Auge auf die Straßvogtei. Insbesondere Göggingen hätte ihnen als strategisches Hinterland recht gut gefallen. Doch hierauf sollten sie noch bis 1972 warten müssen. . .
Selbst Kaiser Maximilian I. – als „Bürgermeister von Augsburg“ ihnen in herzlicher Zuneigung verbandelt – ließ sie recht unfein im Regen stehen. Im Jahre 1494 versprach er sogar dem bischöflichen Hochstift, die an den Fürstbischof verpfändete Straßvogtei „niemals“ aus der kaiserlichen Hand zu geben.
Doch mit dem „niemals“ ist es so eine Sache. Der schreckliche Dreißigjährige Krieg brachte neben Not uns Elend auch eine territoriale Zäsur: Mit dem am 24. Oktober 1648 unterzeichneten Frieden von Münster und Osnabrück wurde auch die politische Landkarte neu gezeichnet. Das alte Reich gab es jetzt nicht mehr und zu Alleinregenten über die Straßvogtei steigen die Landesherrn – die Augsburger Fürstbischöfe – auf. Die mittelalterlich-kaiserliche Welt war versunken. . . Klar, dass jetzt auch in den Straßdörfern ein anderer Wind wehte. Die nicht immer heißgeliebten hochstiftischen Obervögte haben jetzt das Sagen und die Straßdörfler sind zur Arbeitsleistung bei bischöflichen Bauten verpflichtet. Jeder neue Bischof wartete auf ein ansehnliches „Huldigungspräsent“ und zu den Vogteieinnahmen gehörten neben saftigen Amts- und Protokollgebühren alle möglichen Naturalien. Und natürlich hatte der Landesherr das Jagdrecht entlang der Hochstraßenorte.
Vor der Gemeindelinde war das „Theatrum“ aufgebaut
Immerhin bis 1803 – als die Kurbayern von Napoleons Gnaden in Schwaben aufkreuzten – standen die Straßdörfer unter dem fürstbischöflichen Zepter, das gleich recht herrschaftlich geschwungen wurde: Der Eid und die Huldigung zu Gunsten des Landesherrn mussten erfolgen. Und ganz neu war besonders für die Gögginger und Inninger etwas Zusätzliches: Sie mussten dieser Untertanenpflicht in Bobingen nachkommen!
Klar, dass damit die Bobinger eine herausragende Stellung unter den Straßdörfern hatten und dass dies den Göggingern und Inningern nicht gerade Spaß machte. So wollte es aber schließlich der hohe Landesherr Johann Rudolf Freiherr von Rechberg. Doch dieser kam gar nicht persönlich. Er wird von einem Beamten vertreten, dem die braven Untertanen natürlich den gleichen Respekt und die gleiche Verehrung schuldig sind. Vor der Pfarrkirche bei der Gemeindelinde wurde hierzu ein eigenes barockes „Theatrum“ – ausgestattet mit wertvollen Teppichen – errichtet, das im Mittelpunkt der hohen Amtshandlung stand. Vielleicht hatte das ganze „Bimborium“ auch was Gutes: War doch nunmehr – nach dem furchtbaren Dreißigjährigen Krieg – wenigstens halbwegs wieder die Ordnung eingekehrt.