Vor Kurzem hatte der Bayerische Rundfunk wegen eines Interviews zur Situation der Sportvereine beim Abteilungsleiter Schwimmen Bernd Zitzelsberger angefragt, der als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft „50-Meter-Hallenbad für Augsburg“ und Vertreter von mehr als 20 Vereinen mit rund 35.000 Mitgliedern, die sich in ihr zusammengeschlossen haben, bereits mehrere TV-Interviews gegeben hatte, vor und in den meisten Augsburger Frei- und Hallenbädern. Deshalb schlug er vor, das Interview diesmal im hoch modernen Vereinsgebäude des Post SV Augsburg zusammen mit dessen Präsidenten Heinz Krötz durchzuführen, der viele Jahre Vorsitzender des Sportbeirates der Stadt Augsburg war.
Heinz Krötz führte zusammen mit Bernd Zitzelsberger René Kirsch vom Bayerischen Rundfunk (BR) zunächst durch das top ausgestattete, aber menschenleere Vereinsgebäude. In der Multifunktions-Sporthalle zeigte er, wie er mit dem Smartphone jederzeit das Licht an- und ausschalten oder dimmen kann. Aktuell leider nur zur Demonstration für den BR, weil Sport derzeit nur alleine, zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes zulässig ist, nicht jedoch im Verein. „Das ist natürlich sehr traurig, das ist unser Schmuckstückchen im gesamten Sport- und Gesundheitszentrum – ausgestattet mit allem, was Sie sich vorstellen können. Das ist wirklich schwierig zu verarbeiten“, sagte Krötz. Zitzelsberger stimmt ihm zu.
Millioneninvestitionen liegen durch Corona brach
Erst vor zwei Jahren hat der Verein für rund 17 Millionen Euro das top-moderne Sport- und Gesundheitszentrum mit Fitnessstudio, Sauna und Wellness,Reha-Sport-Möglichkeiten und Tiefgarage im Sheridan-Park in Pfersee eröffnet. Zur Einweihung war neben dem Oberbürgermeister der Stadt Augsburg, zahlreichen Stadträten und vielen geladenen Gästen auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gekommen. Seitdem ist die Zahl der Mitglieder auf mehr als das Doppelte gestiegen. Mit Corona kam bei Heinz Krötz und Bernd Zitzelsberger allerdings die Ernüchterung: „Wir haben sehr viel Geld in die Hand genommen, wollten durchstarten mit modernster Technik und jetzt sitzen wir hier schon wieder seit Monaten auf dem Trockenen.“ Dasselbe gilt buchstäblich auch für die Schwimmer. Im Oktober wurden alle Trainings in den städtischen Hallenbädern abgesagt.
Die allermeisten Mitglieder halten nach wie vor die Treue
„Erfreulich ist, dass uns die allermeisten Mitglieder die Treue halten“, so Abteilungsleiter Bernd Zitzelsberger, „aber auch ein Verlust von rund 10 Prozent unserer Mitglieder schmerzt uns sehr, weil damit auch die Einnahmen zurückgehen und wir natürlich weiterhin hohe laufende Kosten haben. Wenig tröstlich ist, dass wir damit immerhin im bayerischen Durchschnitt der Großvereine liegen. Deshalb müssen wir den Blick jetzt in die Zukunft richten!“
Bernd Zitzelsberger, seit drei Jahren Abteilungsleiter, und Heinz Krötz, der seit über 30 Jahren Präsident des Post SV Augsburg ist, sind sich einig. „Wir wollen uns vor allem auch selbst helfen: Sobald Corona vorbei ist, müssen wir mit dem Turbolader schauen, dass wir unsere Mitgliederzahlen in die Höhe kriegen.“
Neustart des Schwimmtrainings im März?
Zitzelsberger hofft, dass wir „vielleicht Mitte, Ende März“ wieder – wenn auch mit Einschränkungen – den Trainingsbetrieb in den Hallenbädern starten dürfen. „Besonders liegen mir die Anfängerschwimmkurse am Herzen, die wir schon zweimal unterbrechen mussten, und die Kinder- und Jugendtrainings, einschließlich der Wettkampfmannschaft. Aber auch die Bahnen für das Training unserer erwachsenen Hobby- und Leistungsschwimmer, der Masters und Triathleten, und auch die beliebten „Elternbahnen“, hoffe ich bald wieder anbieten zu können.“ Anfang Februar habe er zum Thema „Öffnung der Bäder“ ein weiteres Gespräch mit der Stadt geführt, wo man sich natürlich einig war, dass es heute noch nicht absehbar sein wird, ab wann genau die Bäder wieder genutzt werden können.
Vorzeitiger Start in die Freibadsaison?
Die Idee von Zitzelsberger, dieses Jahr etwas früher in die Freibadsaison zu starten als in den letzten Jahren, ist dort auf Sympathie gestoßen. Denn damit hätte man einige Vorteile, auch weil die Hygiene- und Abstandsregeln aufgrund der Umkleidesituation und der deutlich größeren Schwimmbecken leichter umgesetzt werden können. Für die Kinder- und Jugendtrainings, vor allem auch die Anfängerkurse (die in den Freibädern kaum möglich sind) sollen dann bis zum Beginn der Sommerferien zusätzlich die Hallenbäder am Plärrer, im Spickel und in Haunstetten genutzt werden können.
Das Sportreferat hilft den Vereinen
Um den Vereinen durch den Bürokratie-Dschungel beim Beantragen von Fördermöglichkeiten und Überbrückungsgeldern zu helfen, hat die Stadt inzwischen einige Online-Sprechstunden angeboten, die gut und dankbar angenommen wurden.
Ein Marshall-Plan für den Sport nach Corona!
„Ob die von Bund und Ländern aufgelegten Hilfen allerdings reichen werden, daran habe ich meine Zweifel“, meint Bernd Zitzelsberger vor allem mit Blick auf die vor rund 50 Jahren gebauten Augsburger Hallenbäder: „Wir brauchen eigentlich einen Marshallplan für den Sport nach Corona. Mit Investitionen nicht im Millionen- sondern im Milliardenbereich – da sprechen wir schon mal über zwei bis fünf Milliarden Euro.“ (Mit dem Marshallplan haben die USA in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg beim Wiederaufbau geholfen.) Die Frage ist natürlich, wo soll jetzt derart viel Geld herkommen? „Das muss uns der Sport wert sein“, so Zitzelsberger, der zum Thema Sportförderung nicht nur als Kommunalpolitiker vor Ort aktiv ist, sondern auch regelmäßig seine Kontakte in die Landes- und Bundespolitik pflegt.
Höhere Zuschüsse vom Freistaat
Erfreulich ist, dass der Freistaat kürzlich die sogenannten Kostenrichtwerte für den Bau von Hallenbädern um fast 10% erhöht hat und damit einer Bitte von Zitzelsberger an Ministerpräsident Dr. Markus Söder und dessen Zusage von vor rund zwei Jahren entsprochen hat. Beim Neubau des 50-Meter-Hallenbades in Augsburg bedeutet dies beispielsweise bis zu 1,2 Millionen Euro zusätzlich, bei einer Förderquote von 60%. Bei einer Förderquote von 70% (die unter anderem von der Steuerkraft der Stadt abhängt) wären dies bis zu 16 Millionen Euro netto als Zuschuss vom Freistaat möglich, bei geschätzten Kosten von aktuell 25 Millionen Euro. Maximal möglich wären bis zu 80% der förderfähigen Kosten.
Augsburg braucht j e t z t das 50-Meter-Hallenbad
„Wir brauchen dieses Hallenbad eigentlich schon seit Jahren“, sagt Zitzelsberger auch mit Blick auf das vor rund 15 Jahren ersatzlos geschlossene Augsburger Sportbad (eine traurige Ruine an der Schwimmschulstraße seit vielen Jahren) mit seinen ehemals acht 50-Meter-Bahnen und dem Sprungturm und die prekäre Situation der Anfängerschwimmkurse, die weiterführende Schwimmausbildung in Schule und Verein, aber auch mit Blick auf die Nutzungszeiten für die Öffentlichkeit: „Denn wir können erst dann mit der Sanierung der bestehenden Augsburger Hallenbäder beginnen, wenn es genügend zusätzliche Wasserfläche gibt. Ansonsten kommt es zu nicht verantwortbaren, gravierenden Einschnitten beim öffentlichen Badebetrieb und dem Schul- und Vereinssport, mit massiven negativen Folgen für den Sport und die Stadtgesellschaft insgesamt. Denn die Vereine haben auch eine wichtige soziale Funktion.“
Der Bericht des Bayerischen Rundfunks ist unter folgendem Link abrufbar:
www.br.de/nachrichten/bayern/mitgliederschwund-sportvereine-sehnen-lockdown-ende-herbei,SMiGSsp