Die Referentin, die den Festvortrag hätte halten sollen, war zwar wegen eines anderen Termins verhindert, das hinderte den CSU-Ortsverband jedoch nicht, seinen traditionellen Neujahrsempfang wie geplant stattfinden zu lassen: die Geschäftsführerin der Fujitsu‚ Technology Solutions GmbH, Vera Schneevoigt, ließ sich nämlich vertreten durch Michael Erhard, den Pressesprecher des Unternehmens, der an ihrer Stelle den Vortrag „Künstliche Intelligenz - Chance und Herausforderung“ hielt (wobei „Herausforderung“ wohl ein politisch-euphemistischer Terminus ist). Zunächst aber begrüßte CSU-Ortsvorsitzender Matthias Fink die Gäste im gut besetzten Gartensaal der Hessingburg, darunter zahlreiche Vertreter aus dem Gögginger Vereinsleben, den Organisationen und der Politik.
Zweite Bürgermeisterin und Finanz- und Wirtschaftsreferentin Eva Weber überbrachte die Grüße von OB Dr. Kurt Gribl (die beiden hatten sich an diesem Tag die Empfänge in Göggingen und Pfersee aufgeteilt) und erinnerte daran, dass sich ja heuer zum 50. Male die Eingemeindung Göggingens jähre. Zum Thema Wirtschaft in der Stadt Augsburg räumte sie ein, das eine Entwicklung, wie sie jetzt durch die Firma Fujitsu eintrete das lokale Herz bluten lasse, auch wenn es auf die Gesamtsituation Augsburgs bezogen etwas beruhigend sei, dass es keine Entscheidung gegen den Standort, sondern eine interne Konzernentscheidung gewesen sei.
Göggingen sei ein wunderbarer Stadtteil, erklärte Weber, und hob das neue Feuerwehrgerätehaus hervor, das heuer noch eingeweiht werden solle. Andererseits konnte sie nicht verhehlen, dass mit der Entwicklung des Stadtteilzentrums die Bevölkerung nicht glücklich sei – hier werde vor allem der Weggang der Firma Sport Förg bedauert. Aber die sei der allgemeinen Entwicklung geschuldet, dass viele eben auch im Sportartikelbereich im Internet kaufen und der stationäre Handel, vor allem im Textilbereich, inzwischen schwer zu kämpfen habe. „Da müssen wir uns als Verbraucher, an die eigene Nase fassen und dass man eben vor Ort einkauft und nicht bei Amazon und Co. bestellt“ resümierte sie unter großem Beifall.
Matthias Fink betonte, dass der Ortsverband das Thema uddie Referentin ausgesucht habe, bevor Fujitsu in die Schlagzeilen geriet. „Aber wir wollten ja keinen Vortrag machen zur Entwicklung der Firma Fujitsu, – sondern zum Thema künstliche Intelligenz und waren bei der Suche nach kompetenten Referenten auf Frau Schneevoigt gekommen.“
Eientlich habe er es nicht geplant, aber angesichts einer gewissen Steilvorlage wolle er zu Fujitsu und Augsburg doch noch etwas sagen, begann Michael Erhard seinen Vortrag:“Die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretungen haben begonnen und so lange es da keine Ergebnisse gibt, werde ich als Pressesprecher praktisch zwangsweise zum Presseschweiger.“ Es sei zwar nicht das Ende von Fujitsu in Deutschland, aber für Details ist es einfach noch zu früh. Anknüpfend an die Grußrede von Eva Weber konnte er sich einen persönlichen Hinweis nicht verkneifen: „Wir sind nach wie vor der letzte Mohikaner der Fertigung in Deutschland und wenn all diejenigen, die sich über Made in Germany lobend äußern, dies auch in ihre Einkaufsentscheidungen hätten einfließen lassen, sähe die Situation vielleicht etwas anders aus.“
Das äußerst komplexe Thema „Künstliche Intelligenz (KI)“ werde nicht einfacher angesichts der Tatsache, dass die Wissenschaft erst allmählich zu verstehen beginnt, wie menschliche Intelligenz überhaupt funktioniert, machte Erhard deutlich und ergänzte den Kalauer, die KI sei die Potenzierung menschlicher Dummheit mit anderen Mitteln. Schwierig sei die Definition auch, weil es so viele unterschiedliche Anwendungen gebe und KI oftmals gleichgesetzt werde mit humanoiden Robotern. Anhand griffiger Beispiele erhielten die Zuhörer im Saal nach und nach einen Begriff von dem, was uns alle nicht erst in der Zukunft, sondern bereits jetzt in vielen Fällen irreversibel beeinflusst. Im Prinzip geht es um Maschinenlernen; so erkennt ein Computerprogramm gewisse Muster in großen Datenbeständen und errechnet daraus Prognosen. Einen Schritt weiter geht das Deep Learning – künstliche neuronale Netze. Pharmakonzerne suchen damit nach neuen Wirkstoffen, Entscheidungen werden an den Finanzmärkten in Sekundenbruchteilen gefällt, autonomes Fahren z.B. ist ohne diese Technik nicht möglich. Als gutes Beispiel für deep learning nannte Erhard Übersetzungsfunktionen: Fujitsu bietet in Japan bereits kleine Scheckkärtchen an, die man sich ans Revers heftet und dann mit andersprachigen Gesprächspartnern kommunizieren kann. „Schön, aber was“, stellte er die rhetorische Frage in den Raum,“ bedeutet das für Dolmetscher, für Übersetzer, für die Verlage von Wörterbüchern …?“
Insgesamt dauerte der Vortrag über eine Stunde (einschließlich einer längeren Pause aufgrund eines medizinischen Notfalls im Publikum); Eberhard schilderte noch eine Reihe nützlicher Anwendungen, machte dem Publikum auch die damit verbundenen Gefahren bewusst und zog das Fazit, die Künstliche Intelligenz sei das mächtigste Instrument, das die Menschheit je erschaffen habe.
Zum Abschluss der Veranstaltung gab Matthias Fink, Spitzenkandidat der CSU Augsburg für die Europawahl, den Gästen noch einige seiner Gedanken zu Europa auf den Weg. „Was nützt uns die Europäische Gemeinschaft? Zuallererst geht es um den Frieden, in dem wir jetzt schon ein Dreiviertel Jahrhundert leben und der keine Selbstverständlichkeit ist. Die EU ist aber auch wirtschaftlich wichtig und erlaubt uns auf Augenhöhe mit anderen Ländern zu verhandeln. Und letztendlich geht es auch um Idendität.“ Dazu zitierte er Franz Josef Strauß: „Bayern die Heimat, Deutschland das Vaterland, Europa die Zukunft!“
Text/Bilder: Gunnar Olms