Der 180. Geburtstag von Hofrat Friedrich Ritter von Hessing, 150 Jahre Hessing Orthopädische Fachkliniken und 100 Jahre Hessing Stiftung – mit einer großen Jubiläumsgala haben am Samstagabend, den 16. Juni 2018, über 300 Gäste im Parktheater des Kurhauses Göggingen diese drei Jubiläen gefeiert. Eine Zeitreise führte von den bescheidenen Wurzeln des ersten Orthopädiemechanikers der Welt über die Gegenwart seiner vielseitig aufgestellten Stiftung bis hinein in die Zukunft, in der das Erbe des außergewöhnlichen Stifters weiter gepflegt und entwickelt werden wird.
In Augsburg ist Friedrich Hessing eine bekannte Größe. Geboren als 13. Kind einer armen Hafnerfamilie, hat der klein gewachsene Mann „wie aus dem Nichts ein Vermächtnis geschaffen, das auch noch 100 Jahre nach seinem Ableben Bestand hat“, sagte Markus Funk, Direktor der Hessing Stiftung. Als gelernter Schreiner und Orgelbauer war Hessing nicht nur ein „kreativer Kopf im technischen Sinne, sondern auch unaufhaltsam in seinem Willen, die orthopädische Welt zu verändern“. Dieser Wille überdauert seinen Tod, „150 Jahre Exzellenz und Innovation“ lautete das Motto des Abends.
Hessing war ein Pionier der Orthopädietechnik, gründete 1968 die „Orthopädische Heilanstalt“ – heute die Orthopädischen Fachkliniken – in Göggingen bei Augsburg. Dort und in weiteren eigenen und gepachteten Kurbetrieben behandelte er mit ganzheitlichem Ansatz Patienten aus aller Welt. Seine Erfindungen sind bis heute, in modernster Form, therapeutischer Bestandteil.
Zu seinem Lebensende im Jahr 1918 hat der längst in den Adelsstand erhobene Hessing die Gründung der Hessing Stiftung, deren 100-jähriges Bestehen dieses Jahr gefeiert wird, verfügt. An welchem Ort ginge das besser, als im denkmalgeschützten Kurhaus, heute Parktheater, das fast auf den Tag genau vor 150 Jahren eingeweiht wurde. Friedrich Hessing selbst ließ damals das Kurhaus von Jean Keller im Stile der Gründerzeit für seine Patienten erbauen.
Die Gäste der Jubiläumsgala erlebten in dem prachtvoll sanierten Theater Auszüge der Operette „Nanon, die Witwe vom Goldenen Lamm“ (Richard Genée) mit Sopranistin Elke Kottmair und Tenor Hubert Schmid in den Hauptrollen. Das Ränkespiel um eine großherzige Wirtin und ihren adeligen Verehrer war im Sommer 1868 zur Einweihung des Kurhauses dort inszeniert worden. Anlässlich des Stiftungsjubiläums hat Frank Lippe nun Teile dieses Werks für sein Salonorchester neu arrangiert und auf die Bühne des Kurhauses gebracht. Das Publikum aus Politik, Kultur, Medizin und Bildung nahm die beiden Szenen begeistert auf.
Während sich die Stadt Augsburg am Samstag mit der Langen Nacht des Wassers und den 200 Programmpunkten um den Titel Unesco-Welterbe bewarb, sprach der Oberbürgermeister Augsburgs als Festredner auf der Gala der Hessing Stiftung. Als ihr Verwaltungsratsvorsitzender leiste er „in Ehrfurcht und Demut vor dieser großen Persönlichkeit“ seinen Beitrag, damit das Werk Hessings für die Ewigkeit erhalten bleibe, sagte Oberbürgermeister Dr. Gribl. Denn nur dank der „Wucht und Wertigkeit“, mit welcher Hessing sein Leben und auch das der Gesellschaft gestaltete, „konnte sich Augsburg so gut entwickeln“. Der Auftrag Hessings ist und bleibt, die Stiftung in die Zukunft zu führen, „zum Wohle der Heil- und Hilfsbedürftigen“, so ist es in seinem Testament vermerkt. Das gelte auch in Zeiten rasanter medizinischer Entwicklungen und immer neuer „Erfindungen des Gesundheitssystems“, betonte Dr. Gribl.
Zur Stiftung gehören heute neun Unternehmenseinheiten, darunter die orthopädische Fachklinik, die orthopädischen und geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen, die Orthopädie- und Orthopädieschuhtechnik, das Förderzentrum für Kinder und Jugendliche sowie die eigenständigen Tochtergesellschaften Hessingpark-Clinic GmbH und die MVZ GmbH. 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pflegen heute das Erbe Friedrich Hessings und jährlich 13.000 stationäre Patientinnen und Patienten vertrauen auf die medizinische, pflegerische und therapeutische Expertise.
Gründungsdekanin der medizinischen Fakultät der Universität Augsburg, Prof. Martina Kadmon, Alois Steidel, Gründer von KMS Vertrieb und Services AG, Dr. Ulrich Boenisch, Ärztlicher Leiter der Hessingpark- Clinic und Prof. Stephan Vogt, Ärztlicher Direktor der Hessing Stiftung arbeiteten Aspekte heutiger Netzwerkarbeit im Rahmen einer Diskussionsrunde mit Moderatorin Ilka Groenewold heraus. Ob es um die Rekrutierung fähiger Mitarbeiter aus persönlichen Netzwerken, die vernetzte Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen der Hessing Klinik oder um den Domino-Effekt geht, den zufriedene Patienten bewirken: Netzwerke gewinnen auch im Gesundheitswesen weiter an Bedeutung, so das Fazit.
Bevor die Zeitreise der Gäste in der Hessing-Lounge ausklang, warf Stiftungsdirektor Markus Funk noch einen Blick in die Zukunft. Im Hessing Förderzentrum für Kinder und Jugendliche sind zwei weitere integrative Kindergartengruppen mit insg. 30 Plätzen geplant, um noch mehr Familien einen Zugang zu dieser einzigartigen Betreuung zu ermöglichen. Die Orthopädische Fachklinik soll einen weiteren OP-Saal erhalten und wird in diesem Jahr die Patientendokumentation vollständig digitalisieren. Angesichts der demographischen Entwicklung und dem zunehmenden Bedarf an Leistungen der Geriatrischen Rehabilitationsklinik – bereits heute eine der größten ihrer Art in Deutschland – „müssen wir auch hier etwas unternehmen“, so Funk. Im Bereich der Orthopädie- und Orthopädieschuhtechnik stehe ein Führungswechsel bevor „und ganz sicher“, so schloss Markus Funk seinen Ausblick, „wollen wir weiter medizinisch an der Spitze bleiben“ – ganz im Sinne von Hofrat Friedrich Ritter von Hessing eben.
pm Hessing-Stiftung