Kampf gegen „Betonkästen für Urnen“ auf den Friedhöfen aufgenommen

Kampf gegen „Betonkästen für Urnen“ auf den Friedhöfen aufgenommen


(pm) – Zu den Problemen, die den heimischen Steinmetzen und Steinbildhauern zusehends Probleme bereiten, gehört die Art und Weise, wie die städtische und mittlerweile auch ländliche Friedhofskultur zu einer Art Gemischtwarenladen mit der Tendenz „rationell und billig“ verkommt. Einen Gegenentwurf hierzu bieten die beiden schwäbischen Innungen der Steinmetze und Steinbildhauer im Allgäu und in Nordschwaben. Im Rahmen der diesjährigen Jahreshauptversammlung der nordschwäbischen Innung präsentierte Hermann Rudolph, Meister und stellvertretender Obermeister ein Diskussions- und Arbeitspapier, in dem vor allem die Gemeinden und Städte als Friedhofsträger „zum Nach- und Umdenken“ (Rudolph) aufgefordert sind. Tenor: Begegnung, Konversation und Gestaltung müssen auch bei veränderter Einstellung der Hinterbliebenen und hohen Kosten für alle Beteiligten ein Wesenselement des Friedhofs bleiben.Nach Obermeister Willi Brenner (Göggingen) besteht die Gefahr, dass die Urnenbestattung zu einer Art Gegenentwurf für die traditionelle Erdbestattung stilisiert wird. Mit den Konzepten für so genannte „Gemeinschaftsgräber“ (Brenner: „Der Steinmetz produziert sonst nur Namens-Deckel für Beton-Kisten“) soll der Friedhof wieder als ein Ort auch des Lebens, der Gemeinschaft und des stillen Gedenkens in der Natur ermöglicht werden. Erste Anläufe gibt es bereits auf Friedhöfen in Füssen; einen „Fuß in der Türe“ habe man auch bei der Stadt Augsburg, wo erste Gespräche mit der Leitung des Amtes für Grünordnung stattgefunden haben. Gemeinden auch „heilfroh“In der Trias der Gewerke, die sich hauptsächlich am Friedhof gewerblich aufhalten (Steinmetze, Gärtner und Bestatter), besteht auch nach Auffassung der Innungssteinmetze nicht immer der nötige Austausch und Gleichschritt, wenn es um die Beratung der Gemeinde und Städte als Friedhofseigentümer geht. Ganz abgesehen davon, so Obermeister Brenner selbstkritisch, dass es auch unter den Kollegen ein Art „Kannibalismus“ gibt. Hintergrund: die Lobbyarbeit verschiedener Industrien, die die Not der Gemeinden (die besteht unter anderem darin, dass immer weniger Erdbestattungen vorgenommen werden, Lücken in den Gräberfeldern den Friedhof zu einer Art „Schweizer Käse“ werden lassen und gleichzeitig die Kosten für die einzelnen Erdbestattungen steigen) kennen und plakativ „Abhilfe“ signalisieren. Beispiel, laut Obermeister Brenner: Die so genannte „Beton-Lobby“. Im Stile süd-europäischer Friedhöfe werden um den verführerischen Begriff „Kolumbarien“ herum ganze Stein- und Betonfronten in die Friedhöfe gestellt, die vom jeweiligen Bauhof modulweise abgeräumt und versetzt werden können – das Ganze auch noch mit Leasing-Verträgen ökonomisch sauber in den Kosten berechnet. Referent Rudolph wiederum hat bei seiner Demonstrations- und Beratungsarbeit die Erfahrung gemacht, „dass die Gemeinden auch ‚heilfroh‘ sind, wenn ihnen gestalterische andere Konzepte vorgestellt werden, die den Friedhof wieder zu dem machen, was er ist: ein Aushängeschild!“ Variationen statt UniformenMaßstab für eine handwerkliche Gestaltung sämtlicher Bestattungen unter dem Signum „Urne“ ist nach Referent Rudolph die „Einzigartigkeit“ jeder Grablege. Im persönlichen Gespräch mit den Bürgermeistern, Referenten und Amtsleitern plädiere man seitens der Steinmetze und Steinbildhauer zum Beginn einer Zusammenarbeit für den Aufbau einer kleineren Modell-Gemeinschaftsgräber-Anlage innerhalb der bestehenden Friedhöfe, wo dann gleichzeitig das leidige Problem der „Lücken“ als erster Ansatz für eine Gesamt-Neugestaltung unter guten ästhetischen und bezahlbaren Ansprüchen praktisch gemacht werden könne. Wichtig dabei: Steinmetze, Gärtner und Friedhofsverwaltung sind in der Verantwortung für die gesamte Pflege dieser Grabstätten, wobei diese bereits pauschal in die Gebühren eingerechnet ist und sich die Hinterbliebenen nicht ständig mit neuen Entgeltforderungen konfrontiert sehen. Im Gegenzug, so Rudolph, sind alle Varianten dieser Bestattungsform (inklusive Erdbestattung in Nachbarschaft zum Urnengrab) so gestaltet, dass die Trauernden eingeladen werden zum Verbleib (Sitzmöglichkeiten, Trauerhandlungen, Trauerfeiern, Reinigung). Und noch etwas sei bedenkenswert, sagt Rudolph: „Eine einzelne ‚Beton-Kiste‘ kostet heute summa summarum auch schon zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Tausend Euro.“