Seit das Orkantief Friederike im Januar 2018 durch Europa zog, herrscht in den Wäldern Alarmstufe Rot. Ungewöhnlich viele Stürme und die große Dürre in den darauffolgenden Monaten haben den Bäumen stark zugesetzt. Die weit verbreiteten Fichtenbestände leiden zudem unter den sich rasant vermehrenden Borkenkäfern. Die Preise für Holz sind im Keller. Doch den Forstämtern fehlt nicht nur Geld, sondern auch Personal.
Wald bedeutet Leben.
Er leistet einen beachtlichen Beitrag für reine Luft, sauberes Wasser, Bodenschutz und Klimaausgleich. Zugleich spendet er Erholung und liefert den wichtigen Rohstoff Holz. Mit nachhaltiger Forstwirtschaft soll dieses wertvolle und natürlich nachwachsende Gut auch künftigen Generationen erhalten werden. Staatliche und kommunale Forstwirtschaftsbetriebe kümmern sich darum, etwa die Hälfte der Wälder aber befindet sich in privater Hand.
Besonders die zu den wichtigsten Baumarten für die Forstwirtschaft zählende Fichte bereitet uns große Probleme, es herrscht ein regelrechtes Fichten-Sterben. Denn die Fichte wurzelt nicht sehr tief, bietet dem Wind als Nadelbaum ganzjährig eine vergleichsweise große Angriffsfläche und ist zudem in der Regel recht hoch gewachsen.
Zusätzlich ist das Wetter in den vergangenen Jahren auch noch viel zu warm und trocken gewesen. Die Dürre setzt den Bäumen allgemein massiv zu.
Sogar Buche bedroht
Sogar die Buche, wichtigster Laubbaum in Deutschland, ist heute vielerorts im Bestand bedroht. Selbst Kiefern, die auch auf sandigen Böden wachsen und einen vergleichsweise geringen Wasserbedarf haben, leiden zurzeit stellenweise.
Als wären Stürme und Dürre nicht genug, hat Letzteres auch noch eine äußerst dramatische „Nebenwirkung: Der Borkenkäfer vermehrt sich rasant. Seit über zwei Jahren werden in vielen Revieren nur vom Borkenkäfer befallene Fichten geschlagen, um die Verbreitung zu stoppen. Auch beim Abtransport ist Eile geboten. Das bedeutet, wenn die Forstwirte mit einer Vollerntemaschine, dem sogenannten „Harvester“ die Bäume gefällt, das Geäst entfernt und die Stämme grob geschnitten haben, muss das Holz von den Rückemaschinen zügig zu den Waldwegen gebracht und alsbald aus dem Wald herausgebracht werden. Allein seit 2018 wird die Menge an Schadholz bundesweit auf etwa 160 Mill. Kubikmeter geschätzt.
Für Aufforstung fehlt Geld
Diese Menge an Schadholz hat auch spürbare Folgen für den Holzmarkt. So bekam man 2018 für einen Festmeter Fichtenholz 95 bis 100 Euro, heute ist es mit 32 bis 35 Euro pro Festmeter noch etwa ein Drittel davon, Holz vom Bestsortiment mit der höchsten Qualität.
Damit ist die Holzernte oft nicht mehr kostendeckend.
Auch für die Aufforstung fehlt den Waldbesitzern oft schlicht das Geld. Seit 2018 sind etwa 250.000 Hektar Freiflächen entstanden, die Neubepflanzung pro ha kostet zwischen 5 000 und 10 000 Euro. Aber nicht nur Geld, auch Personal fehlt an allen Ecken.
In den ausgedehnten Waldungen Augsburgs hat der Anbau fremdländischer Holzarten eine lange Tradition. Bereits um 1880 hat Herr Oberforstrat Franz Ganghofer, seinerzeit Leiter der Stadtforstverwaltung Augsburg im „Diedorfer Exotenwald“ systematisch mit der Nachzucht von Exoten begonnen. Seitdem wurden immer mehr fremdländische Baumarten nachgezogen mit dem Ziel, ihre Anbauwürdigkeit zu überprüfen. In unzähligen Waldführungen habe ich selbst mehrere Tausend interessierte und begeisterte Waldbesucher durch diesen einzigartigen Wald geführt.
Wald vor Wild?
Abschließend noch ein Thema, das ich jetzt im Ruhestand nach fast 45 Jahren Dienstzeit noch anbringen möchte:
Wald vor Wild – Gibt es zu viele Rehe in unseren Wäldern?
Bei einem meiner Exotenwald-Führungen kam auch das Thema „Jagd“ zur Sprache. Ein älterer, gut gekleideter Herr bezeichnete das Rehwild als den größten Schädling des Waldes. Es kommt noch vor den Stürmen, der Dürre und dem Borkenkäfer, ganz einfach sei das Reh ein Ungeziefer…
Von den anderen Waldfreunden erhielt er keine Zustimmung, sogar Buh-Rufe. Dann verließ er die Waldführung, Applaus von den Umstehenden.
Ich gehe jedenfalls davon aus und bin überzeugt , dass in Zukunft auslaufende Jagdpachtverträge nur noch relativ schwer verlängert bzw. neu vergeben werden können. Denn wer möchte schon eine Jagd pachten, wenn kein (Reh)-Wild mehr vorhanden ist?! Wald und (Reh)-Wild in vertretbarem Maß gehören zusammen.
Seit einigen Jahren beteiligen sich einige Landwirte südlich von Augsburg an dem Projekt „Produktionsintegrierte Kompensation in der Landwirtschaft“, bekannt auch unter dem Begriff der Ausgleichsmaßnahmen. Für gewöhnlich säen, pflegen und ernten die Landwirte, hier auf der Hochterrasse zwischen Lech und Wertach, Mais, Soja, Gerste, Raps und Zuckerrüben. Neuerdings wird auf einigen Flächen eine Saatgutsmischung ausgebracht und das Feld vier Jahre lang weitestgehend sich selbst überlassen. Feldvögel wie Kiebitz, Lerche oder Rebhuhn finden hier Nahrung und Schutz, zahlreiche Insekten bevölkern die Fläche, Hasen und Reh-Wild können sich hier zurückziehen und im Winter, wenn die anderen Felder abgeerntet sind, verstecken.
Derartige Maßnahmen sind für die Wildtiere sehr wichtig; diese werden koordiniert vom Landschaftspflegeverband der Stadt Augsburg.
Zentrum für Artenschutz
Dies alles zeigt auf, dass auch konventionelle Landwirte etwas für die Umwelt tun. Durch die schonende Grünpflege finden selten gewordene Insekten, Wildtiere und Pflanzen wieder mehr natürlichen Lebensraum.
Der Freistaat Bayern hat vor kurzem ein neues Zentrum für Artenschutz in Augsburg eröffnet. Nicht nur aus diesem Grund muss es volle Unterstützung für die Augsburger Blühwiesen geben.
Weitere Naturflächen müssen hinzukommen und vernetzte Lebensräume entstehen.
Unsere Nachkommen werden für immer dafür dankbar sein…