Stadtberger Geschichte – durchs „Bierglas“ betrachtet von Alfred Hausmann: Teil 8: Stadtbergen 1856: amtliche Bierprüfer werden bestellt
Auch die Obrigkeit hielt ein wachsames Auge auf die Qualität des Bieres. Und das seit jeher. Jeder Bierfreund kennt das Reinheitsgebot der bayerischen Herzöge Wilhelm IV und Albrecht X aus dem Jahr 1516, aber nur wenige wissen, dass das älteste Lebensmittelgesetz der Welt in Augsburg erlassen wurde und ebenfalls das Bier betrifft. Es droht denjenigen Strafen an, die schlechtes Bier verkaufen. Beim dritten Verstoß wurde der Brauer aus der Stadt verwiesen, seinem Fass der Boden ausgeschlagen oder, falls sein Gebräu gerade noch trinkbar war, an die Armen verschenkt. Im 19. Jahrhundert wurde bei ungenügender Qualität der Bierpreis durch die Obrigkeit herabgesetzt. Zur Prüfung der Güte wurden in ganz Bayern amtliche Bierprüfer eingesetzt. Jede Gemeinde mit Brauerei hatte so eine „hohe Kommission“ zu stellen. Im Stadtberger Archiv ist die entsprechende „Anleitung für die Bierbeschauer, Bierkieser“ aus dem Jahr 1856 erhalten. Sie enthält detaillierte Vorschriften für diese Herren, was Eignung und Charakter angeht, aber auch, wie sie sich auf ihre Amtshandlung vorzubereiten hatten, z. B. dass sie vorher nicht rauchen, keine scharfen Speisen oder Käse essen durften und, dass sie ihre Geschmackswerkzeuge rein zu halten hatten. Gleich lautende Anweisungen sind in vielen Archiven erhalten, was den Schluss zulässt, dass sie auf die Königliche Bayrische Regierung zurückgehen. Namen der Kommissionsmitglieder sind leider nicht überliefert. Die sagenhafte Bierprobe mittels Holzbank und Lederhose gehörte damit längst der Vergangenheit an.Stadtbergen 1894 – 1918: Biertrinker finanzieren Schule
Dass Bier, zumindest in Bayern, ein Politikum war, lässt sich auch in Stadtbergen nachweisen. Als nämlich 1895 eine Erweiterung des Schulhauses (heute Pfarrheim) anstand und die Schulden später mit 17000 Mark erheblich höher ausgefallen waren als veranschlagt, beschlossen die Gemeindeväter einen „Lokalbier- und Malzaufschlag“, im Volk „Bierpfennig“ genannt, zu erheben. Diese Methode der Geldbeschaffung war damals allgemein üblich. In Leitershofen hatt man so die Friedhofsmauer finanziert, nachdem der Pfarrer beklagt hatte, dass Tiere den Friedhof besuchen und Schaden anrichten. 24 Jahre lang – bis 1918 – bezahlten die Stadtberger Biertrinker für ihre Schule. So sprach man auch von der „z‘sammg‘soffenen Schul“. Wieviel Bier mag durch die durstigen Stadtberger Kehlen geflossen sein, bis das Haus endlich bezahlt war? Die Abrechnungen der Wirte mit dem Gemeindeschreiber, die penibel geführt wurden, sind lückenlos erhalten. So lässt sich u. a. nachvollziehen, wieviel Bier die Wirte aus Augburg bezogen, wieviel im Bräuhaus gebraut und wieviel in die umliegenden Orte „exportiert“ wurde, ja sogar wieviel Flaschen ins Pfarrhaus oder zu den adeligen Herrschaften ins Schlössle geliefert wurden. Den Steuerlisten ist auch zu entnehmen, dass Silvester Gessel bis Jahresende 1911 Braun- und Weißbier gebraut hat und ab 1912 den Gerstensaft von der Aktienbrauerei zum Hasen bezog. Diese war kontinuierlich aus einer kleinen Bierschenke in der Bäckergasse zur größten Augsburger Brauerei aufgestiegen. Später wurde dann Bier der Fortunabräu (Georg Streit) ausgeschenkt. Ältere Augsburger wissen noch, dass die Streit’sche Brauerei am Kitzenmarkt bei St.Ulrich zu Hause war. Ende der siebziger Jahre wurde Fortunabräu von Hasenbräu „geschluckt“, so dass im Bräuhaus nun wieder Hasenbräubier floss.
Im nächsten Stadtberger Boten erfahren Sie …
… warum 1912 das Bierbrauen in Stadtbergen eingestellt wurde und
… wie der letzte Bräu dennoch mit der Zeit ging.