So rot wie Blut, so weiß wie Schnee … Das Theater Liberi entführte mit dem Musical „Schneewittchen“ in ein Märchenreich aus Farbe, Licht und Schatten
Spieglein, Spieglein an der Wand – mit diesen Worten der eitlen Königin beginnt die verhängnisvolle Geschichte von „Schneewittchen“, die seit zwei Jahrhunderten Jung und Alt in den geheimnisvollen Bann des Bösen zieht. Das Bochumer Theater Liberi hat im Bürgersaal Stadtbergen eine kindgerechte, und doch höchst atmosphärische Version des Klassikers auf die Bühne gezaubert und diesen mit jazzigen Gesangseinlagen in ein märchenhaftes Musical verwandelt. Als die grausame Herrscherin von der seltenen Schönheit Schneewittchens erfährt, lässt sie das Mädchen kurzerhand in den finsteren Forst verschleppen. Absolut betörend präsentierte sich bereits hier das mystische Spiel mit Farbe, Licht und Schatten: Das Königsschloss erstrahlte kalt im eisigen Blau der Unterwelt, während der tiefe Wald im grünen Zwielicht und schwarzen Schatten das trostlose Reich des Unheimlichen verkörperte. Die Verstoßene findet hier jedoch keineswegs den Tod, sondern neue kleine Freunde – sieben an der Zahl. Auch an dieser Stelle wurde von dem engagierten Ensemble tief in die theatralische Trickkiste gegriffen: Lediglich als schwarze Silhouetten konnte man die Zwerge hintern den Fenstern ihres beschaulichen Hauses beobachten, wie Sie in der guten Stube fröhlich herumalberten oder sich über ihre leergegessenen Tellerchen mokierten. Die musikalischen Adaptionen zu diesem Augenschmaus kamen dabei von Christian Becker und Christoph Kloppenburg. Selbst die Gestaltung des Programmheftes hob sich auf originelle Weise von anderen Veranstaltungen ab: Als auffaltbares Poster war es für die begeisterten Kinder ein bleibendes Erinnerungsstück an diesen farbenfrohen Nachmittag. Das Ende der Geschichte ist dagegen allseits gut bekannt: Die böse Königin greift zu ihrer letzten Waffe – dem giftgetränkten roten Apfel. Und diesmal scheint sie es geschafft zu haben: Schneewittchen versinkt in den traumlosen Schlaf des Totenreiches. Aber schließlich gibt es ja noch den edlen Prinzen – und mit seinem königlichen Kuss wird aus der wehklagenden Mordgeschichte am Ende doch noch, was jedermann zu hoffen wagte: Ein wunderschönes Märchen – und dies nicht nur für Kinder.
Text: Thomas Hack /
Bilder: Daniela Ziegler