Mit Zivilcourage und Willenskraft: Das bewegende Leben der Widerstandskämpferin Anna Pröll aus Pfersee |
Als Anna Nolan das Licht der Welt erblickte, war diese gerade im Begriff, in tiefster Dunkelheit zu versinken. Und dieses neue Leben, das im Kriegsjahr 1916 in Pfersee seinen Anfang nahm, sollte bald eine bewegende Reise zu den Abgründen der Menschheit antreten, eine Reise, die von Wut und Trauer geprägt war, aber auch von unbeugsamer Entschlossenheit und beispielloser Zuversicht. Anna musste schon in jungen Jahren miterleben, wie ihre Familie gedemütigt, gefoltert und verschleppt wurde: die Mutter saß im ehemaligen Gestapogefängnis am Augsburger Katzenstadel ein, die Spuren des Vaters verloren sich im Konzentrationslager Dachau. Dies war wohl der Zeitpunkt, an dem das Mädchen begann, mit Entschlossenheit gegen das Unrechtsregime des Dritten Reiches vorzugehen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und wurde Mitglied einer Jugendgruppe, die sich ganz dem Widerstand gegen den Wahnsinn verschrieben hatte. „Duldet es nicht länger!“ war nur einer der zahlreichen Aufrufe an die Augsburger Bevölkerung, dem System die Stirn zu bieten und Anna war bereit, sämtliche Konsequenzen ihrer verbotenen Aktivitäten auf sich zu nehmen. Und diese ließen in der Tat nicht lange auf sich warten: Gefängnisaufenthalte, Isolationshaft, Arbeitsstrafen in den Konzentrationslagern Mohringen und Ravensbrück. Aber Anna überlebte. Mit Wut und Willenskraft blieb sie ihren Überzeugungen treu und ließ sich auch unter den schlimmsten Umständen seelisch nicht zerbrechen. Als 21-Jährige konnte sie wie durch ein Wunder unversehrt nach Augsburg zurückkehren, wo sie schließlich einen anderen Widerstandskämpfer heiratete, Josef Pröll. Aus dem gebrochenen Mädchen war eine kämpfende Frau geworden. Und auch nach dem Krieg kämpfte Anna Pröll ihr ganzes Leben lang in Augsburg weiter – für Demokratie und Menschlichkeit! 2002 erhielt sie für ihren unglaublichen Durchhaltewillen das Bundesverdienstkreuz verliehen, ein Jahr später wurde sie von Bürgermeister Paul Wengert als Ehrenbürgerin ausgezeichnet. Als Anna im Alter von knapp 90 Jahren verschied, hinterließ sie nicht nur eine trauernde Gemeinde, sondern auch etwas sehr sehr Wertvolles: die Erkenntnis, dass es selbst in dunkelsten Zeiten immer Lichtblicke gibt und man auch in aussichtslosen Situationen niemals die Zivilcourage vergessen darf. Vergessen wird man auch die mutige Widerstandskämpferin nicht: Heute ziert eine Gedenktafel das Geburtshaus von Anna Pröll in der Augsburger Straße in Pfersee. Dort ist nachzulesen, welcher einfache und scheinbar doch so schwierig umsetzbare Wunsch hinter ihrem einzigartigem Engagement gestanden hatte: „Ich möchte, dass die Kinder ohne Angst vor der Zukunft aufwachsen können. Nie mehr sollen Menschen Krieg oder Faschismus erleiden müssen.“ Text/Bilder: Thomas Hack