Kampf gegen das Vergessen
Hartes Gehirntraining beugt vor
Laut Bundesministerium für Gesundheit leben zurzeit etwa eine Million Demenz-Kranke in Deutschland. In einigen Jahren werden es vermutlich noch mehr sein. Denn: Die Bundesbürger werden immer älter, womit auch das Risiko steigt, diese tückische Krankheit zu bekommen. Was kann man aber tun, um sich vor der kontinuierlichen Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit zu schützen? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Oberärztin Ute Streicher, Neurologin und Leiterin der Memory Klinik, in ihrem Vortrag „Doping fürs Gehirn? Medikamente gegen Vergess-
lichkeit“, den sie im Rahmen der Herbst-Vortragsreihe des Hessing Forums im Gartensaal der Hessingburg hielt.
Gesunde Menschen, die sich wünschen, auf bequeme Art ein Präparat einnehmen zu können, das die Gedächtnisleistung erhält oder sogar erhöht, musste die Medizinerin in ihrem Vortrag enttäuschen. Kaffee, Schokolade, Nahrungsergänzungsmittel, wie zum Beispiel Ginkgo und Lecithin, oder gar illegale Drogen, wie zum Beispiel Kokain, könnten lediglich das Wohlbefinden steigern, hätten jedoch keinen wissenschaftlich nachweisbaren Einfluss auf das Gedächtnis. Aufputschmittel, wie zum Beispiel Amphetamine, hätten zwar die gewünschte Wirkung, seien aber mit erheblichen Schädigungen des Körpers und des Gehirns verbunden und machten zudem schnell abhängig, sagte Ute Streicher. Nicht viel besser beurteilte sie den Nährstoff Vitamin E. Ihm könne zwar eine vorbeugende Wirkung nachgewiesen werden, jedoch nur in einer Dosierung, die so hoch ist, dass sie das Herz schädigen kann. „Die einzig sinnvolle Möglichkeit des Dopings bei gesunden Menschen besteht darin, sich körperlich viel zu bewegen, das Gehirn regelmäßig zu trainieren und sich gesund zu ernähren, wobei auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten ist. An harter Arbeit führt also kein Weg vorbei. Es gibt einfach nichts Besseres“, so lautete das Fazit der Medizinerin.
Das gilt im Wesentlichen auch für Demenz-Kranke. Alzheimer-Patienten haben nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sogar noch weitere Doping-Möglichkeiten. „Die Krankheit ist zwar immer noch nicht heilbar. Für Betroffene gibt es inzwischen dennoch etwas“, meinte Ute Streicher und verwies auf eine neue Klasse an gut verträglichen, aber teuren Medikamenten, die nachweislich die Denkleistung verbessern beziehungsweise den Krankheitsverlauf deutlich verlangsamen sollen. Allerdings müsse mit der Behandlung so früh wie möglich begonnen werden, so die erfahrene Medizinerin, die nach eigenen Schätzungen bereits rund 8000 Patienten beraten hat.
In der Früherkennung liegt aber das Problem, denn die Krankheit verläuft schleichend, so dass Defizite und auffällige Verhaltensweisen der Erkrankten oft erst im Rückblick als erste Symptome einer Demenz erkannt werden. Die Therapie setzt folglich meist viel zu spät an. „Viele Betroffene bemerken anfangs nicht einmal so sehr ihr Gedächtnisproblem. Sie empfinden eher ein Gefühl der Überforderung. Ihnen wird alles zu viel. Hinzu kommt, dass sich viele die Erkrankung nicht eingestehen wollen, weil sie Angst haben und weil es ihnen peinlich ist“, erklärte Ute Streicher. Doch wann ist es wirklich allerhöchste Zeit zum Arzt zu gehen? „Wer zum Beispiel gelegentlich vergisst, wie jemand heißt, muss sich noch keine Sorgen machen, vor allem dann nicht, wenn er sich an den Namen zu einem späteren Zeitpunkt erinnert. Man hat eben manchmal den Kopf mit Dingen voll. Wem dies aber oft passiert, der sollte sicherheitshalber nachschauen lassen“, rät die Medizinerin. Daniela Ziegler