„Ja Buaba, dös ka ma fei it so lossa!“: Kindheitsgeschichten aus der Nachkriegszeit in Stadtbergen (1945-1955)

„Ja Buaba, dös ka ma fei it so lossa!“Kindheitsgeschichten aus der Nachkriegszeit in Stadtbergen (1945-1955)


11. BilderstürmerFür jeden Fußballer der Süddeutschen Fußballoberliga gab es schon damals ein Bildchen. Kaufte man ein Pfund Quieta Grün oder Gold, das war einfacher Malzkaffee oder ein mit Bohnenkaffee aufgewerteter, dann fand man unter dem Deckel zwei “Fußballbildchen“. In einem Sammlerheft zur aktuellen Spielzeit wurden die gefundenen Portraits der Spieler den Mannschaften zugeordnet und eingeklebt. So ähnlich sammeln die Kinder noch heute die Bilder ihrer Idole, nur nicht mehr aus dem Quietakaffee, den gibt es schon lange nicht mehr. Es dauerte sehr lange, bis man die Mannschaften beieinander hatte, konnte es einem doch passieren, dass man in einer neuen Kaffeepackung die gleichen Bilder wiederfand und das war sehr ärgerlich. Bei allen Bekannten wurde um Fußballbildchen gebettelt oder man bat sie, mit ihrer Geschmacksrichtung auf den Quietakaffee umzuschwenken, uns Bildchensammlern zuliebe. Hatte man Portraits doppelt, dann wurde vor oder nach der Schule getauscht. Das Tauschen während des Unterrichts war zu gefährlich, weil man, wenn man entdeckt wurde, alle Bildchen abgeben musste und sie erst zum Schuljahresende wieder zurückbekam. Da war die Spielzeit auch vorbei!Unser Mitschüler Wolfgang war als Tauschpartner besonders stark umworben. Er hatte die begehrten Bildchen gleich päckchenweise in der Hosentasche und zeigte uns stolz, was unseren Alben noch zur Vollständigkeit fehlte. Das war keine Kunst, denn er hatte einen Onkel, der bei Quieta arbeitete und seinen Neffen daher mit den Bildchen versorgen konnte. Tauschen wollte Wolfgang aber nicht mit uns und das empfanden wir als sehr gemein: Erst einen heiß machen und Begierden wecken und dann der Rückzug!Fordernd redeten wir auf Wolfgang ein: „He, sei nicht feig und tausche!“ Dabei hielten wir ihm unsere doppelten Bilder unter die Nase. „I’ darf net tauschen, sonst kriegt mein Onkel bei der Quieta Probleme!“ „Warum bringst du dann deine Bildchen überhaupt mit, du Angeber!“ schrie einer und haute ihm mit der Faust auf die Hand, dass das ganze Päckchen auf den Boden fiel. Wir stürzten uns darauf und verschwanden mit den Bildern. Wolfgang rief uns nach: „Bringt’s die Bildla zurück, sonst krieg ich dahoim Schläg’!“ Das war uns ziemlich Wurst. Wer so viele Fußballbildchen besaß, dem konnte es bestimmt nicht schaden, wenn er daheim einmal Schläge bekommt. (Weitere Geschichten von Winfried Hierdeis in den nächsten Ausgaben des Stadtberger Boten)