„Es war ein Wunder…“: Dresdens ehemaliger OB Dr. Herbert Wagner schildert im Stadtbergener Bürgersaal die Zeit der Montagsdemos

„Es war ein Wunder…“: Dresdens ehemaliger OB Dr. Herbert Wagner schildert im Stadtbergener Bürgersaal die Zeit der Montagsdemos


„Ich selber konnte mir nicht vorstellen, die Deutsche Einheit noch zu erleben“, bekannte Bürgermeister Dr. Ludwig Fink in seiner Einführung zu der im Rahmen der „Woche der Einheit“ abgehaltenen Festveranstaltung. „Wie weit hatten wir uns doch auseinandergelebt in Deutschland. Und doch wenn man aufeinandertraf, schrumpften die Unterschiede beträchtlich. Stadtbergen ist auf Olbernhau zugegangen. Noch vor der Wende. Wir haben mit diesem Schritt nicht Feindesland betreten, sondern Neuland“, resümierte das Stadtoberhaupt und würdigt in diesem Zusammenhang die Arbeit des Partnerschaftsvereins (PaVe) und ihres Vorsitzenden Peter Dambacher.Ein Wunder…„Die Erfüllung des großen deutschen Traumes – zurückzuführen auf die Ereignisse im Herbst 1998 – ist uns inzwischen normal geworden“, konstatierte Dr. Steffen Laub, der Bürgermeister von Olbernhau in seiner anschließenden Grußrede und verdeutlichte: “In jedem Fall sind uns inzwischen die Alpen ebenso selbstverständlich geworden wie die Ostsee.“ Bedauerlich findet er dagegen, dass die Lust auf Gemeinschaft irgendwie ein Stückchen verloren gegangen sei; vielleicht verdrängt von Enttäuschung, weil die offenbar zu hohen Erwartung nicht erfüllt wurden, vielleicht verdrängt von Arbeitslosigkeit, Bequemlichkeit oder auch von Neid. Gerade vor diesem Hintergrund sei es wichtig, betonte er, dass es Tage wie diesen gebe, um dankbar innezuhalten und sich zu besinnen und sich an die Jahre des Neuanfangs zu erinnern. „Wir hatten das Glück, dass uns Stadtbergen zu dieser Zeit bereits seine Unterstützung und Partnerschaft angeboten hatte, was wir bereits in unserer konstituierenden Sitzung einstimmig annahmen.“ Zum Vorgang des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik zitierte Dr. Laub den früheren sächsischen Oberkirchenrat: „Ein Wunder ist das, was Menschen nicht für möglich halten, und was trotzdem eintrifft. Wir alle haben ein solches Wunder erlebt: den Fall der Mauer und die Deutsche Einheit!“ Persönliche Erinnerungen „Die so genannte friedliche Revolution verlief bei uns in Dresden durchaus nicht soo friedlich“ – mit dieser Äußerung dürfte der Festredner Dr. Herbert Wagner so manche im Publikum überrascht haben, denen die damaligen Vorgänge nur als Kerzen, Gebete und Sprechchöre in Erinnerung sind – „da lief das volle Programm ab, mit Festnahmen, Wasserwerfern und Schlagstöcken seitens der Staatsmacht und Pflastersteinen auf Seiten der Demonstranten!“ Dass aber trotz höchster Brisanz, trotz der bereits vorbereiten Massen-Gefangenen-Lager und der bereits angeforderten Militär-Unterstützung nicht mehr passiert ist und – vor allem – kein einziger Schuss fiel, bezeichnete Wagner als ein Wunder: „Es war einfach eines, anders kann ich es nicht bezeichnen!“Dr. Wagner war nachgerücktes Mitglied in der „Gruppe der 20“, die damals mit der Stadtregierung über politische Forderungen verhandelte und er war damit ab November 1989 Mitorganisator der Montagsdemos in Dresden. Anschaulich und aus sehr persönlicher Sicht schilderte der die Ereignisse, angefangen vom vergeblichen Versuch, am Dresdner Bahnhof der Zug der Flüchtlinge aus Prag vorbeifahren zu sehen („Ich dachte, wenn ich mit Frau und Kindern dorthin gehe, werden sie uns schon nicht gleich erschlagen …) bis zur Stürmung der Stasi-Gebäude und der Nachricht vom Fall der Mauer.Ebenfalls im Bürgersaal nahm Dr. Wagner den Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Stadtbergen vor. Nach 3 Sätzen aus der Feuerwerksmusik und der anschließenden Nationalhymne, gespielt vom Symphonieorchester Stadtbergen, endete der Festakt mit einem kleinen Büffet und vielen innerdeutschen Gesprächen.  Gunnar Olms