Hofrat Friedrich von Hessing reiste 25-Mal nach Moskau und St. Petersburg
Wieder einen Volltreffer erzielte der Gögginger Geschichtskreis mit seiner Veranstaltung über das Leben und Wirken von Friedrich Hessing, im vollbesetzten Gartensaal der Hessingburg: Dr. Heinz Münzenrieder, früherer Augsburger Stadtdirektor und Hessing-Experte freute sich vor großem Haus, die „faszinierende Person Hessing“ mit Fakten und anschaulichen Anekdoten nahe zu bringen.
Dazu öffnete die frühere Geschichtskreisvorsitzende Helga Eberle – eine anerkannte Fotokünstlerin – ihre Schatzkiste. Selbst „alte“ Gögginger konnte sie mit Bildern überraschen, die bislang nicht zu sehen waren. Und für Heinz Münzenrieder ist „der Herr Hofrat“ – der die technische Orthopädie nicht nur in Deutschland revolutionierte und der weder eine höhere Schule noch eine Universität von innen sah – ein begnadeter Präzisionshandwerker mit großem sozialen Herzen und im Selbststudium erworbener detailliertester Kenntnisse der Physiologie.
Ein kleiner Schreiner wird königlicher Ritter
Der mit 1,47m Körpergröße kleine Hessing wurde der größte Pionier der Orthopädiegeschichte – Hessing kratzte am Berufsbild des an der Hochschule ausgebildeten Arztes und dies mit großen heilerischen und auch wirtschaftlichen Erfolgen. Dem amerikanischen Eisenbahnmilliardär Vanderbilt, der eine reich entlohnte Behandlung anfragte, kabelte er zurück: „Ich komme nicht nach Amerika – Der Weg von New York nach Göggingen ist ebenso weit wie umgekehrt…“ Er war – so Heinz Münzenrieder – ein Medizinmanager von einer Prägung, die es bislang noch nirgends gab: Der gelernte Schreiner und Orgelbauer Hessing aus Mittelfranken wurde von König Ludwig III. im Jahre 1913 in den Adelsstand erhoben und ging als Königlich Bayerischer Hofrat Friedrich Ritter von Hessing in die Medizingeschichte ein: Erst ein Nachruf im Jahre 1918 versuchte die neidvoll distanzierte Medizinergemeinde mit dem lediglich handwerklich vorgebildeten Orthopädiegenie zu versöhnen. Hessing starb hochbetagt im 80. Lebensjahr und hinterließ fünf Großimmobilen in Bayern und eine immer noch quicklebendige erfolgreiche Stiftung als Zentrum in Göggingen.
Vorsitzender Toni Resch dankte Heinz Münzenrieder und Helga Eberle – „beide sind Helden des Geschichtskreises“ für den Vortrag. „Hessing machte Göggingen in ganz Europa bekannt – allein 25-mal reiste er zu Vorträgen und Behandlungen nach Moskau und St. Petersburg – und ist immer bescheiden geblieben. Nicht wenigen Menschen mit kleinem Geldbeutel hat er geholfen, ohne große Rechnungen zu stellen“. Wilhelm Lunzner aus dem Vorstand der Hessing-Stiftung bestätigte, dass Hessings Biographie heute immer noch fasziniere und sich viele Mitarbeiter mit dessen Lebensleistung identifizieren können. Auch die faszinierende Hessingkirche bleibe mit dem Kurhaus ein Denkmal weit über Gögginger Grenzen hinaus.
Text: Toni Resch