von Prof. Dr. Johannes Frei
Zu den wichtigsten Festtagen des christlichen Jahreslaufes gehört der Sonntag vor Ostern, der „Palmsonntag“. Die Bräuche dieses Tages erinnern an den triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem, wo er vom Volk mit Palmen und Ölzweigen begrüßt wurde. Seit dem 8. Jahrhundert wird dieses Ereignis in der Liturgie nachvollzogen.
Die Geistlichen und die Gläubigen ziehen mit Palmzweigen in der Hand in einer Prozession in die Kirche ein. Mancherorts wird dabei noch ein lebensgroßer hölzerner Esel mitgeführt, auf dem die Priester früher geritten sind. Der früheste Nachweis für einen solchen „Palmesel“ ist in der Lebensbeschreibung des Hl. Ulrich zu finden.
Ein lebendiger Brauch ist die Herstellung von geschmückten, teilweise mehrere Meter hohen Stangen. Diese „Palmen“, „Palmbäume“ werden mit Zweigen von Weide, Buchs, Stechpalme oder immergrünen Pflanzen, Buntpapier und Girlanden verziert. Auch christliche Sinnbilder wie Kreuze und Arma Christi, also die Leidenssymbole der Passion, sowie die Osterfahne werden angebracht. Früher gab es unter den Jugendlichen oft einen Wettbewerb um die schönsten „Palmbuschen“.
Im Gottesdienst werden die Palmzweige gesegnet als Symbole für den Sieg über Sünde und Tod. Geweihte Palmzweige galten als Schutzmittel, sie wurden unter das Hausdach gestellt oder an der Hauswand befestigt, vor allem aber im Herrgottswinkel aufbewahrt. Früher wurden die Palmzweige auch in den Acker gesteckt und die Palmkätzchen zum Schutz gegen Krankheit gegessen. Die Asche für das Aschenkreuz am Aschermittwoch wurde aus verbrannten Palmzweigen gewonnen.