Der Tisch in der gemütlichen Dachwohnung in der Südstraße ist festlich gedeckt. Türkischer Kaffee dampft in den Tassen, Lokum mit Pistazien und Nougat, Datteln, Walnüsse, und selbstgebackenes Lamahcun stehen bereit, schließlich kommt ja nicht jeden Tag ein Bürgermeister samt Presse zu Besuch. Anlässlich der Goldenen Hochzeit von Hatice und Ibrahim Yilmaz hat sich Zweiter Bürgermeister Michael Smischek als Gratulant der Stadt angekündigt und zeigte sich überwältigt von der türkischen Gastfreundlichkeit.
„Ich würde meinen Mann gleich wieder heiraten“, versichert Hatice überglücklich. Beide stammen aus dem gleichen Dorf Akkecili Köyüin in der kleinen Provinz Usak bei Izmir. „Unsere Eltern haben damals die Hochzeit arrangiert, sie haben die richtige Wahl getroffen, wir haben drei Tage ein großes Fest mit vielen Gästen gefeiert“, erzählt Ibrahim Yilmaz freudig. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation in der Türkei beschloss Ibrahim in Deutschland zu arbeiten. „Das war vor 48 Jahren und ich bin hiergeblieben“, lacht der 73-Jährige, der in verschiedenen Firmen, wie dem Baugeschäft Stempfle, in der Maschinenfabrik Eberle und zuletzt 15 Jahre in der Schreinerei des Möbelhauses Segmüller gearbeitet hat. Er holte Gattin Hatice 1972 nach, auch sie fand gleich Arbeit in einer Stadtberger Gaststätte und später in einer Pferseer Wäscherei. Das Glück des Paares machten die drei Söhne Mustafa (geboren 1973), Oktay (1975) und schließlich „Nachzügler“ Muhteram (1980) perfekt. „Meine Jungs haben Wirtschaft, Bauingenieurwesen und Sozialpädagogik studiert. Darauf sind wir schon sehr, sehr stolz“, sagt Ibrahim, der damals mit seiner Familie eine Wohnung im Ährenhof bezog. Die Kinder wuchsen behütet in Stadtbergen auf, besuchten den Kindergarten, die Parkschule, spielten im örtlichen Sportverein Fußball, Basketball und begeisterten sich für das Schwimmen. „Dort entstanden viele immer noch anhaltende Freundschaften zu Nachbarn und anderen Eltern. „In Stadtbergen gibt es keine Ausländerfeindlichkeit, wir haben hier mehr Freunde als in der Türkei. Daher haben wir auch 2003 ein Haus gekauft, in dem wir alle glücklich und zufrieden sind“, freut sich Ibrahim. Natürlich gibt es noch eine Wohnung in der alten Heimat. „Dort sind wir höchstens zwei Monate wegen des schönen Wetters und besuchen Verwandte“, erzählt Ibrahim Yilmaz, stolzer Opa von vier Enkelkindern. Die sind der ganze Stolz des Goldhochzeitspaares. So übernehmen die Großeltern nach Kindergarten und Schule die Kinderbetreuung, was ihnen viel Freude bereitet. Hatice hat einen „grünen Daumen“ und pflegt mit Hingabe ihr kleines Gemüsegärtchen vor dem Haus. Besonders freut sich die 69-Jährige, dass sie mit den Stadtberger Frauen als „einzige Türkin“ an der wöchentlichen Wirbelsäulengymnastik teilnimmt. „Das tut mir gut und ich fühl mich in dieser Runde richtig wohl, wir haben ja hier in Stadtbergen unsere Heimat. Einfach wunderbar!“ Sie steht auf und packt für ihre Gäste ein paar Turkish „Delights“ (türkische Gaumenfreuden) für die Familie ein, wobei wir wieder bei der „sprichwörtlichen“ türkischen Gastfreundlichkeit wären …
Text/Foto: Ingrid Strohmayr